Arbeiten in der Chemie

Nachhaltig heißt zukunftssicher

· Lesezeit 3 Minuten.
Johanna Jung, Nachhaltigkeitsmanagerin bei Nölken, sitzt auf einem Tisch.
Palmöl, CO2, Menschenrechte: Johanna Jungs Themengebiete umfassen eine große Bandbreite. Foto: Hans-Rudolf Schulz.

Wenn es nach Johanna Jung geht, schafft sie ihren Job bald selbst ab. Jung arbeitet als Nachhaltigkeitsmanagerin beim Familienunternehmen Nölken, einem Spezialisten für Hygieneprodukte. „In meiner Idealvorstellung bräuchte man meine Stelle in Zukunft gar nicht mehr“, erzählt sie. In einer perfekten Welt wäre das Thema so fest in allen Köpfen verankert, dass es ohne ihr Zutun in alle Unternehmensentscheidungen einfließt.

 

Stand heute hat Jung aber noch genug zu tun. Ihren Master hatte sie in Umweltmanagement abgeschlossen. „In dem Bereich habe ich nach Jobs gesucht, bis ich gemerkt habe: Was mich begeistert, sind vor allem die sozialen Themen. Wie geht es beispielsweise den Menschen, die entlang der Lieferkette arbeiten?“ Deshalb hat sie sich im Nachhaltigkeitsbereich orientiert. Seit 2011 bearbeitet die 36-Jährige das Thema bei Nölken. „Sobald eine Unternehmensentscheidung eine Nachhaltigkeitskomponente hat, bin ich eingebunden – von der Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie bis zu deren Umsetzung“, erklärt Johanna Jung. Für die Firma aus Windhagen geht es bei Nachhaltigkeit vor allem um faire Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette und einen rücksichtsvollen Umgang mit Klima, Umwelt und Ressourcen.

 

„Eine langfristige Nachhaltigkeitsstrategie ist überlebenswichtig“

 

Bei der Geschäftsleitung rennt Jung offene Türen ein. Den Geschäftsführern geht es darum, „das Familienunternehmen so zukunftsfähig auszurichten, dass es auch noch für unsere Kinder bestehen bleibt. Da ist eine langfristige Nachhaltigkeitsstrategie überlebenswichtig“, sagen Daniel und Markus Nölken. Nachhaltigkeit ist aus Sicht von Johanna Jung nämlich kein Trend. „Trends kommen und gehen. Nachhaltigkeit aber wird unsere Zukunft und unsere Wirtschaft bestimmen.“

 

Anstöße für konkrete Umsetzungsmöglichkeiten bekommt Jung aus allen Richtungen: „Teilweise gebe ich selbst Themen vor, manchmal kommen sie von den Fachabteilungen oder der Geschäftsleitung.“ Forderungen von NGOs wie Greenpeace berücksichtigt sie genauso wie die von Nölken-Kunden. Zudem kann jeder Mitarbeiter Ideen einreichen. Nicht zuletzt spielen gesetzliche Vorgaben eine wichtige Rolle. Deshalb ist aktuell das Lieferkettenmanagement Jungs größtes Thema. „Noch betrifft uns das neue Lieferkettengesetz nicht direkt, da wir mit knapp 450 Mitarbeitern zu klein sind“, sagt sie. „Einige unserer Kunden jedoch schon.“

 

Deshalb hat sie mit der Geschäftsleitung, dem Qualitätsmanagement und dem Einkauf eine Arbeitsgruppe gegründet. Gemeinsam haben sie für Lieferanten einen Nachhaltigkeitskodex und -fragebogen entwickelt. „Damit klopfen wir ab, wo Risiken in unserer Lieferkette sitzen: Wie sieht die Menschenrechts- und Arbeitsrechtssituation im Ursprungsland aus, und unter welchen Klima- und Umweltbedingungen wird dort ein Rohstoff üblicherweise gewonnen?“ Nölken nutzt für seine Produkte unter anderem natürliche Vliese aus Zellulose. „Also befragen wir Lieferanten, wo der Baum für dieses Vlies steht, unter welchen Bedingungen er bearbeitet wurde und ob es Zertifizierungen dazu gibt.“

 

Seit 2020 wirtschaftet Nölken zertifiziert klimaneutral

 

Seit ihrem Einstieg bei Nölken vor zehn Jahren konnte Johanna Jung schon einiges erreichen. Bis 2020 hat das Unternehmen alle genutzten Palmölderivate auf nachhaltige, zertifizierte Quellen umgestellt. Außerdem wirtschaftet Nölken seit vergangenem Jahr zertifiziert klimaneutral. Mit dem renommierten Zertifizierer Climate Partner berechnete das Unternehmen 2019 erstmals seine gesamten CO2-Emissionen und glich sie durch den Kauf von Klimazertifikaten für Baumpflanzprojekte aus. Aktuell arbeitet Johanna Jung daran, Emissionen zu senken. „Wir haben bereits auf Ökostrom umgestellt und prüfen gerade, Strom mit Photovoltaikanlagen selbst zu produzieren und Energie durch intelligentes Lichtmanagement zu sparen.“ Ein weiterer Fokus liegt auf nachhaltigen Mobilitätskonzepten. Dazu gehört die Umstellung des Firmenfuhrparks auf E-Fahrzeuge oder Anreize für Fahrgemeinschaften von Mitarbeitern.

 

Über die Prozesse schreibt Jung im jährlichen Nachhaltigkeitsbericht und dem Firmenmagazin, in Schulungen und Workshops bespricht sie das Thema mit Mitarbeitern aus allen Fachbereichen. Gute Kommunikation ist wichtig, um jeden von den Vorhaben zu überzeugen. Vor zehn Jahren war das nicht immer einfach. Anders heute: „Um das Thema kommt keiner mehr herum. Das läuft sogar in der Tagesschau.“

 

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