Arbeiten in der Chemie

Eine Lebensaufgabe

· Lesezeit 2 Minuten.
Zu Sascha Rebers Aufgaben gehört, Nachwuchs auszubilden.
Abwechslungsreich: Zu Sascha Rebers Aufgaben gehört, Nachwuchs auszubilden. Foto: Marcel Hasübert

Jannik wurde im selben Jahr geboren, in dem Sascha Reber bei Südwest Lacke + Farben GmbH & Co. KG angefangen hat. Mit seinen elf Jahren kann Jannik, dessen Name wie der von allen Kindern in diesem Text geändert wurde, bis heute nicht sprechen und muss gewickelt werden. „Ich vermute auch, dass das so bleiben wird“, sagt Reber. „Wir wussten um seine Behinderung und haben uns ganz bewusst für ihn entschieden. Wir sind sehr froh, dass wir ihn haben“, sagt er. Janniks leibliche Eltern hatten ihn als Säugling zur Adoption freigegeben. Niemand meldete sich. Reber und seine Frau nahmen ihn als Dauerpflegekind auf.

Sascha Reber arbeitet bei Südwest in der Logistik und Warenannahme. „Dieser Job ist das Beste, was mir passieren konnte“, sagt er. In seiner Verantwortung liegt die Rohstoffversorgung der gesamten Produktion. Er ist Beauftragter für Sicherheit sowie für Gefahrgut und sorgt für die Instandhaltung aller Gabelstapler. Außerdem ist er Ausbilder für Fachlageristen und Fachkräfte für Lagerlogistik. Sein Beruf bei Südwest ermöglicht ihm das Leben, für das er sich entschieden hat: ein Leben mit fünf Kindern in seinem Haushalt, vier davon sind Pflegekinder und brauchen besondere Aufmerksamkeit.

Die Rebers geben als Pflegeeltern besonderen Kindern ein Zuhause

„Wir haben in der Chemie-Industrie gute tarifliche Konditionen und Arbeitsbedingungen“, sagt er. „Bei meinem Arbeitgeber habe ich die Möglichkeit, früh mit der Arbeit anzufangen und gegen 15:30 Uhr mit meinem Fahrrad wieder heimzufahren. So bin ich in der Regel zu Hause, bevor Jannik mit dem Schulbus nach Hause kommt.“ Im Haushalt leben heute neben Reber, seiner Frau und Jannik auch der leibliche Sohn Mark (21 Jahre) und die Pflegekinder Anna (14 Jahre), Navid (11 Jahre) und Marie (2 Jahre). Die älteste Tochter Hannah (23 Jahre) ist bereits von zu Hause ausgezogen.

Alle Pflegekinder kamen als Säuglinge zu den Rebers, weil sie von ihren Eltern nicht versorgt werden konnten. „Anna kam als scheinbar gesundes Kind zu uns. Erst im Laufe der Jahre hat sich herausgestellt, dass das Fetale Alkoholsyndrom vorliegt, ihre Mutter hat also während der Schwangerschaft getrunken“, sagt Reber. „Von Navids Mutter wussten wir, dass sie psychische Probleme hatte und auch Tabletten während der Schwangerschaft nahm. Sie konnte sich nicht um ihn kümmern, und deshalb kam Navid mit drei Tagen zu uns.“ Bei Marie stehe fest, dass sie eine Entwicklungsstörung hat. „Wir klappern die Kliniken ab, um durch Ausschlussverfahren zu einer Diagnose zu kommen“, erzählt Reber.

„Wir haben uns für dieses Leben entschieden“

Menschen wie die Rebers werden dringend gebraucht. Wenn die leiblichen Eltern ihre Kinder aufgrund psychischer Beeinträchtigung oder Drogenabhängigkeit nicht großziehen können oder sogar das Kindeswohl gefährden, braucht es Orte, an denen diese Kinder Schutz finden. „Der Pflegekinderdienst wählt die Pflegeeltern aus und prüft diese genau“, erklärt Reber. Regelmäßig reichen die Rebers ihr polizeiliches Führungszeugnis ein. Regelmäßig prüft der Pflegekinderdienst die Wohnsituation. Dabei kann die Familie auch das freie Zimmer präsentieren, das stets für Notsituationen bereitsteht. Elf Kinder haben hier seit 2005 kurzfristig Unterschlupf gefunden. „Häufig sind das Kinder, die vom Jugendamt in Obhut genommen werden, weil sie in ihren Familien akut gefährdet sind“, erklärt Reber. „Diese Kinder werden nicht aus anderen Regionen zu uns gebracht. Sie kommen aus der unmittelbaren Umgebung. Es geht ihnen hier im Rhein-Pfalz-Kreis schlecht.“

Sascha Reber mit Gabelstapler
Sascha Reber mit Gabelstapler

Manchmal schütteln Bekannte von Sascha Reber den Kopf: So ein Leben mit Pflegekindern könnten sie sich nicht vorstellen. Toll sei das, was die Rebers leisteten. „Wir fühlen uns definitiv nicht als Helden“, sagt Reber. „Wir haben uns für diesen Weg entschieden. Heute denke ich, es ist vielleicht unser Lebenssinn, für Kinder da zu sein.“ Reber und seine Frau wissen, dass das Leben Schmerzen bereithalten kann. Ihr drittes leibliches Kind, ein Sohn, wurde mit einem Herzfehler geboren und verstarb im Säuglingsalter bei einer Operation. In diesem Jahre wäre er 18 Jahre alt geworden. Es ist auch dieser Verlust, der das Paar motivierte, Pflegekinder aufzunehmen. Nun ist es erneut an den Rebers, sich für viele weitere Jahre für die Elternrolle zu entscheiden. Marie sollte eigentlich nur vorübergehend bei ihnen wohnen. Doch jetzt scheint es so, dass auch sie bei den Rebers aufwachsen wird. Die Gespräche mit dem Pflegekinderdienst laufen. „Ich werde bald 50 Jahre alt und hatte mir eigentlich nicht vorgestellt, noch mal ein Kind zum Kindergarten zu bringen“, schmunzelt Reber. „Aber zurzeit denke ich, es soll einfach so sein.“

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