Arbeiten in der Chemie

Die Loreley im Chemie-Labor

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Die Loreley im Chemie-Labor
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Dörscheid liegt idyllisch am Nordwesthang des Taunus mit Weitblick über Rheintal und Hunsrück. In der Wahrnehmung überragt wird es allerdings vom wenige Kilometer entfernten Felsen, der der Heimat von Tasmin Fetz den Namen gegeben hat: Loreley. Der Sage nach saß dort oben einst eine blonde Frau, die mit ihrem Haar und Gesang Schiffer derart betörte, dass sie auf die Felsen aufliefen. Die Loreley ist der Gründungsmythos der Rheinromantik.

„Du wirst mal die Loreley“

Tasmin Fetz, 19, ist die zeitgenössische Ausgabe der Loreley. Sie stammt aus Dörscheid, ist blond, hält aber nicht viel von ihrer Singstimme. Und vor allem hat sie eine sinnvollere Aufgabe, als Schiffshavarien herbeizuführen: Sie ist Chemielaborantin-Azubi beim Spezialchemiehersteller Budenheim. „Als kleines Kind mit blondem Haar ist das Erste, was die Leute einem sagen: ,Du wirst mal die Loreley.‘ Vorm Zubettgehen habe ich ihre Geschichte gehört, meine Schule war nach ihr benannt“, erzählt sie. „Und ging es darum, woher meine Familie kommt, konnte mit Dörscheid niemand etwas anfangen. Aber mit der Loreley.“ Bei so einer Prägung war es fast unvermeidlich, dass sie sich, kaum war sie volljährig, um das Ehrenamt bewarb und ausgewählt wurde.

Auf dem Loreley-Felsen: Mehrere Stunden musste die Loreley Tasmin Fetz für ihr offizielles Porträt posieren. Foto: Alexander Pfaffe

Wenn sie nicht mit ihren drei Jahrgangskollegen im Labor steht oder in der Berufsschule lernt, absolviert Fetz Termine. Seit dem Amtsantritt im Juni 2018 waren es knapp 40, ihre Vorgängerin hatte um die 90 pro Jahr. Sie eröffnet Wanderrouten und Dorffeste, nimmt an politischen und Wirtschaftsevents teil. 2019 geht es nach Jeju in Südkorea, Partnerstadt der Verbandsgemeinde Loreley, zu der Dörscheid gehört. Da dürfte sie ein Popstar-Empfang erwarten: Frühere Loreley-Vertreterinnen mussten schon am Flughafen Selfies mit dem Personal machen. Stress empfinde sieauch bei mehreren Terminen an einem Tag nicht, sagt Fetz mit Loreley-Lächeln.

Werbung für die Region

Sie repräsentiert im besten Sinne: Sie weiß Bescheid über Historie und Herausforderungen ihrer Heimatregion am Mittelrhein, spricht über Wein, die landschaftlichen und touristischen Vorzüge, wirbt für die Bundesgartenschau, die hier 2029 stattfinden wird. Ihre Selbsteinschätzung: „Ich werde immer lockerer dabei. Am Anfang konnte ich mir kaum vorstellen, vor Menschenmengen zu reden.“

Brisante Themen wie die Mittelrheinbrücke überlässt sie jedoch anderen: „Ich bin dafür da, dass die Leute mich mögen. Aus der Politik halte ich mich raus.“ Erzählt sie dann, dass sie mindestens eine Stunde zum und vom Arbeitsplatz pendelt, hat man allerdings schon den Eindruck, ihr wäre eine bessere Anbindung der Region zwischen Rüdesheim/Bingen und Koblenz nicht unrecht.

Chemiebegeisterung von der Oma geerbt

Dass die Loreley zwischen Schimmerkleid und Laborkittel wechselt, ist ihrer Oma zu verdanken, einer Chemielehrerin. „Es gab Chemiebaukästen zu Weihnachten, wir haben zu Hause Kristalle und Steinzeitkrebse gezüchtet“, erinnert Tasmin Fetz sich. In der Oberstufe wählte sie die Leistungskurskombination Mathe-Chemie-Erdkunde, war in Chemie nicht besonders gut – aber das Praktische hat sie immer begeistert: „Ich finde es toll, wenn Dinge scheinbar aus dem Nichts passieren, wenn sich Farben ändern. Und wenn etwas explodiert.“

Der Praxisbezug war es auch, der sie statt an die Uni in die Ausbildung gezogen hat. „Ich wollte eigenes Geld verdienen und 13 Jahre Schule waren genug.“ Seit September 2018 ist sie Azubi bei Budenheim. Das Unternehmen liefert Spezialprodukte mit Schwerpunkt auf Ernährung, Gesundheit, Sicherheit und Ressourcenschonung.

In Dienstkleidung: Ihre Ausbildung als Chemielaborantin hat Fetz im September 2018 begonnen (Bild nachgestellt). Foto: Florian Lang

Ehrenamt schult auch für die Arbeitswelt

Für Tasmin Fetz sind ihre zwei Aufgaben ein Kontrastprogramm aus extrovertierter Bühnenarbeit und konzentrierter Laborarbeit. „Ich freue mich immer, wenn meine Ergebnisse stimmen, wenn ich zum Beispiel richtig pipetiert habe“, sagt sie und macht ihre Prioritäten klar: „Die Loreley ist ein Ehrenamt. Das hier ist mein richtiger Beruf.“ Ihre Auftritte schulen sie in Selbstbewusstsein und Spontaneität, Offenheit, Organisations- und Kommunikationsfähigkeit. Keine schlechten Voraussetzungen für die Arbeitswelt. Auch soziales Engagement ist vielen Unternehmen mindestens so wichtig wie Schulnoten.

Nächster Meilenstein wird der Sommer 2020 werden: Dann kann Fetz entscheiden, ob sie als Loreley weitermacht. Vielleicht ziehe sie bis dahin Richtung Mainz, um näher an Budenheim zu sein, sagt sie. Aber ihr Felsen im Mittelrheintal wäre nicht weit.

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