Arbeiten in der Chemie

50 Teilzeitmodelle bei Sebapharma

· Lesezeit 1 Minute.
Christine Liesenfeld steht vor einem Sebamed-Plakat.
Beraten und helfen: Christine Liesenfeld kümmert sich um die vielen Arbeitszeitmodelle bei Sebapharma. Foto: Alessandro Balzarin

Gleich 50 verschiedene flexible Arbeitsteilzeitmodelle bietet das Unternehmen Sebapharma, Spezialist für medizinische Hautreinigung und -pflege, am Standort in Bad Salzig bei Boppard an. 220 Beschäftigte zählt die Belegschaft, 57 Frauen und Männer nutzen das Angebot – also rund ein Drittel. Wie das im Alltag funktioniert, hat sich Wir. Hier. vor Ort angesehen.

Früher waren die Kolleginnen und Kollegen alle in Vollzeit tätig, in den 90er Jahren setzte ein Umdenken ein: „Es ist seitdem eine Vielzahl von Teilzeitmodellen entstanden“, erklärt Manfred Gerlach (60), Leiter Personal und Personalentwicklung. „Das entspricht nicht nur den Wünschen der Beschäftigten nach einer größeren Zeitautonomie, sondern auch den Interessen des Arbeitgebers nach einer stärkeren Flexibilisierung und Effizienzsteigerung. Wir gestalten die Arbeitszeiten so, dass sie besser in die private Planung passen. Immer vorausgesetzt, dass es mit den betrieblichen Gegebenheiten vereinbar ist und der disziplinarische und fachliche Vorgesetzte zustimmen.“ Die Personalabteilung sieht er als Dienstleister für die Belegschaft.

Dienstleister: Manfred Gerlach, Leiter Personal, setzt sich für die Belegschaft ein. Foto: Alessandro Balzarin.
Dienstleister: Manfred Gerlach, Leiter Personal, setzt sich für die Belegschaft ein. Foto: Alessandro Balzarin.

„Wir machen möglich, was geht, und beraten gerne“, versichert Christine Liesenfeld (31), Gruppenleiterin Personal. „Wenn Kolleginnen und Kollegen mit ihren Arbeitszeitmodellen zufrieden sind, tragen wir zur Bindung an das Unternehmen und zur Motivation bei“, sagt sie. „Wenn jemand ein Modell benötigt, das ihm die Pflege von Angehörigen oder die Betreuung der Kinder ermöglicht, helfen wir sehr gerne.“

Mehr Zeit für die Pflege der Mutter

Als kaufmännischer Angestellter in der Abteilung Fertigungssteuerung ist Gerd Magunski (61) mit der Disposition der Vormaterialien für die Kundenaufträge beschäftigt. Nach 22 Jahren Vollzeit bei Sebapharma und fast 47 Berufsjahren insgesamt tritt er jetzt etwas kürzer: „Meine Mutter ist 86 Jahre alt und benötigt mehr Betreuung, das ist mir sehr wichtig“, erzählt Magunski. Er hat seine Arbeitszeit deshalb von 37,5 auf 24 Stunden reduziert, arbeitet nun täglich sechs Stunden und freitags gar nicht: „Dass ich mir das finanziell leisten kann, ist natürlich sehr schön.“ Mit 63 Jahren möchte er gerne in Rente gehen und betrachtet sein Modell bis dahin als passenden Übergang: „Noch bin ich ja voll im Geschäft und kann meine Erfahrungen weitergeben.“ Seit dem 1. April nutzt er die Arbeitszeitverkürzung. Gemerkt hat er davon aber noch nicht so viel: „Mir gehört ein altes Fachwerkhaus aus dem 16. Jahrhundert, das diverse Renovierungsarbeiten erfordert, dafür konnte ich die ersten freien Tage gut nutzen“, sagt er. Zudem warten neben Mutter und Haus noch ein großer Garten und viele Hobbys auf den umtriebigen Mitarbeiter, der in seiner Freizeit auch gerne mal an Sportveranstaltungen wie beispielsweise einem Marathon im Kostüm der Sebamed-Flasche antritt.

Zeit für die Pflege: Gerd Magunski betreut seine pflegebedürftige Mutter. Foto: Alessandro Balzarin.
Zeit für die Pflege: Gerd Magunski betreut seine pflegebedürftige Mutter. Foto: Alessandro Balzarin.


Den Weg zur Kita von der Arbeitszeit abzwacken

Chemielaborantin Kathrin Bröder (38) hat 2018 in Teilzeit bei Sebapharma angefangen: „Damals besuchte meine zwei Jahre alte Tochter den Kindergarten im Nachbarort. Das brauchte schon Zeit für die Fahrerei“, sagt sie. 30 Stunden umfasste ihr Vertrag, dann ergatterte sie einen Kindergartenplatz vor Ort: „Bis dorthin brauche ich nur zehn Minuten.“ Um sich finanziell zu verbessern, beschloss sie 2020, ihre Arbeitszeit etwas aufzustocken: „Eine volle Stelle funktioniert mit den Öffnungszeiten der Kita nicht, aber mit 35 Stunden pro Woche komme ich perfekt hin!“ Jetzt bringt sie morgens die kleine Mathilde zur Kita, ist um 7.10 Uhr im Labor und flitzt pünktlich um 15.30 Uhr wieder los, um die Kleine abzuholen. „Das bedeutet pro Tag 45 Minuten weniger Arbeitszeit, für mich einfach das perfekte Modell!“ Zwar hätte sie auch Oma und Opa bitten können, noch öfter einzuspringen. Die Großeltern wollte sie jedoch nicht mehr als nötig belasten: „Die helfen uns schon genug.“ Für ihre individuelle Arbeitszeit sei sie daher „sehr dankbar“.

Zeit für den Weg zur Kita: Kathrin Bröder kann täglich etwas früher gehen. Foto: Alessandro Balzarin.
Zeit für den Weg zur Kita: Kathrin Bröder kann täglich etwas früher gehen. Foto: Alessandro Balzarin.


Mobil und flexibel arbeiten – auch als Chefin

Michaela Arens-Corell, promovierte Biologin, leitet die Medizinisch-Wissenschaftliche Abteilung mit einem vierköpfigen Team. Seit 29 Jahren ist sie im Unternehmen und praktiziert das mobile Arbeiten seit einiger Zeit. „Wir haben eine Struktur entwickelt, sodass ich auch mobil arbeiten kann. Vor allem, wenn ich mich auf Auslandseinsätze mit Schulungen inhaltlich und sprachlich vorbereiten muss.“ Ihr Haus in Rheinböllen wurde besonders im Zuge der Pandemie mehr und mehr zum Büro, die Digitalisierung nahm noch mal „ordentlich Fahrt“ auf. Aber: „Am Küchentisch arbeiten, das geht auf Dauer nicht!“, sagt sie. „Man benötigt ein Handy, einen großen Bildschirm, einen ruhigen Arbeitsplatz und eine stabile Internetleitung.“ Zudem müsse sich die Tätigkeit für das mobile Arbeiten eignen. Das aber sei zum Beispiel für die Kolleginnen aus dem Labor nur schwer umsetzbar. Und sie nutzt mit ihrem Team eine von der hauseigenen IT-Abteilung aufgebaute Datenbank: „So benötige ich keine Informationen aus Ordnern, die ich aus einem der Schränke im Büro holen muss.“

Mobil unterwegs: Michaela Arens-Corell arbeitet seit Längerem flexibel. Foto: Alessandro Balzarin.
Mobil unterwegs: Michaela Arens-Corell arbeitet seit Längerem flexibel. Foto: Alessandro Balzarin.


Apartes Arbeitszeitmodell und Elternzeit

Eigentlich wollte Sachbearbeiterin Katrin Heider (35) nach der Geburt ihres Kindes 2019 erst einmal drei Jahre lang in Elternzeit gehen und 2022 zur Arbeit zurückkehren. Doch dann wurde ihre Expertise als stellvertretende Leiterin Innendienst Export benötigt: „Man hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, früher in den Beruf wieder einzusteigen“, berichtet die junge Frau. Gemeinsam überlegten Arbeitgeber und Arbeitnehmerin, wie das passende Arbeitszeitmodell aussehen müsste. Und fanden eine Lösung: „Ich arbeite jetzt 15 Stunden pro Woche. Und zwar jeden Mittwoch ganztags im Unternehmen und an den anderen Tagen ein bis zwei Stunden zwischen 13 und 15 Uhr von zu Hause aus.“ Denn das ist die Zeit, in der der kleine Sohn schläft. Sie findet das Modell wunderbar: „Man ist täglich nahe an der Arbeit und den Projekten, trifft die Kollegen regelmäßig und kann sich austauschen. Und wenn’s mal brennt, weiß jeder, man kann mich immer anrufen!“ Wenn die Elternzeit ausläuft und der Kleine in die Kita kommt, kann sie sich vorstellen, die Arbeitszeit aufzustocken: „Aber das dauert ja noch ein paar Monate …“

Flexibel mit dem Kleinkind: Katrin Heider arbeitet in der Elternzeit mit einem ausgefallenen Zeitmodell. Foto: Alessandro Balzarin.
Flexibel mit dem Kleinkind: Katrin Heider arbeitet in der Elternzeit mit einem ausgefallenen Zeitmodell. Foto: Alessandro Balzarin.
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