Arbeiten in der Chemie

Ist Feuerwerk noch zeitgemäß?

· Lesezeit 1 Minute.
Menschenmenge unter Feuerwerk
Buntes Spektakel: Ob Feuerwerk zu Silvester abgeschafft werden sollte, ist umstritten. (Foto: NDABCREATIVITY - stock.adobe.com)

„Kurzfristiger Spaß oder nachhaltige Vernunft? Gerade jetzt brauchen wir beides dringend. Flexibel sein lohnt sich deshalb auch beim Silvesterspaß“

Es kracht und wummert bis in die Magengrube, am Himmel bunte Lichtschweife, und neben dem rechten Ohr und Augenwinkel streift noch ein Querschläger um die Häuser. So unzeitgemäß das auch ist: Ich mag das Getöse an Silvester, wenn alle aus ihren Häusern kommen, man sich auf der Straße im bunten Flackern der Silvesterraketen zuprostet und mal so richtig was los ist.

Wiebke Bomas
Wiebke Bomas

Wiebke Bomas ist Teil des „Wir. Hier.“-Redaktionsteams und mag es spektakulär.

Aber gleichzeitig kenne ich all die Negativeffekte der Böllerei, von den finanziellen bis zu den Kosten für die Umwelt, mal ganz abgesehen von kurzfristig traumatisierten Tieren wie dem Nachbarshund, der nach seiner Silvesterflucht erst Tage später wiedergefunden wurde.

Was ist also wichtiger: Umweltschutz und Vernunft beim Geldausgeben oder kurzfristiger Spaß? Ich finde: alles. Letzterer hat nämlich ganz schön gelitten, seitdem alles um uns herum nur noch Krise ist.

Am besten muss also alles gleichzeitig gehen. Und das geht wie so oft im Leben am besten mit viel Flexibilität, manchmal auch Kompromissen. Ich verzichte auf das Wummern in der Magengrube und den tonnenweisen Feinstaub durch Feuerwerkskörper, wenn es dafür trotzdem bunt am Himmel leuchten darf. Zum Beispiel durch Drohnen, die ein energieschonendes, buntes LED-Spektakel abliefern. Finanziell vernünftig ist das sicher immer noch nicht, aber wenigstens gerät so kein Tier in Panik.

So viel zum bunten Licht. Aber auch bei Lärm und Feuer gibt es Kompromisse, um nach alter Tradition böse Geister zu vertreiben: Feuertonnen machen richtig Stimmung beim nachbarschaftlichen Anstoßen. Und beim Lärm bleibt uns mindestens das Knallen der Sektkorken. Wem das nicht reicht, dem empfehle ich als Anleihe aus der schwäbisch-alemannischen Fastnacht die „Saublodere“. Das ist eine mit Luft gefüllte Schweinsblase frisch vom Metzger, die als Krach-Accessoire kräftig auf den Boden geschlagen wird. Eine ziemlich entgeisternde Sache.

„Verbotsdiskussionen sind ein Ausdruck geistiger Trägheit. Die Verboteforderer haben es aufgegeben, kompliziertere Dinge ändern zu wollen“

Nicolas Schöneich
Nicolas Schöneich

Nicolas Schöneich ist Redaktionsleiter der „Wir. Hier.“ und trinkt Sekt, wenn die anderen böllern. 

Vorweg: Ich mache mir nichts aus Feuerwerk, seit ungefähr 25 Jahren nicht mehr. Leute, die minutenlang nach oben starren und „Uuuhhh“ und „Aaaahhhh“ rufen – vielleicht bin ich zu zynisch, um das zu genießen. Während es oben knallt, lasse ich es lieber unten knallen und mache eine Flasche gut gereiften rheinhessischen Schaumweins auf. Also Raketen, nein danke.

Was aber nicht heißt, dass ich Menschen die Gelegenheit nehmen möchte, sich einen steifen Nacken zu holen. Ich halte Verbotsdiskussionen rund ums Feuerwerk bloß für einen Ausdruck geistiger Trägheit. Weil den Verboteforderern offenbar nichts Besseres einfällt oder weil sie es aufgegeben haben, kompliziertere Dinge ändern zu wollen. Es gibt einen Grund, Feuerwerk im Einzelfall zu verbieten: extreme Trockenheit und Waldbrandgefahr dort, wo es abgeschossen wird. Zerstörungen der Umwelt oder von Hab und Gut der Anwohner lassen sich nicht mit Amüsement rechtfertigen. Bloß ist diese Gefahr im feuchten Winter gering.

Alle anderen Aspekte, die gegen Feuerwerk angeführt werden, sind mir zu simpel. Schadstoffbelastung etwa. Was wäre in Sachen Klimaschutz effektiver: kommunale Fahrzeugflotten auf E-Mobilität umzurüsten oder einer Kommune ihr jährliches Megafeuerwerk zu untersagen? Endlich mehr Ladesäulen für Pendler zu bauen oder den Pendlern ihre Böllerei zu verbieten? Eben.

Wer jetzt denkt, beides natürlich, dem sei gesagt: Man kann in Deutschland selten alles auf einmal ändern. Denn das Blöde ist ja, dass das Effektivste nicht immer das Einfachste ist. Also sucht man sich im Feuerwerk ein symbolpolitisch leichtes Opfer. Schmutzig, laut, Geldverschwendung, teils unter fragwürdigen Bedingungen produziert – Raketen sollen für alle Übel der Menschheit büßen. Schnell weg damit für einen schnellen Effekt. Und stattdessen? Drohnenschwärme, die mit ordentlich Kohlestrom geladen wurden? Lasertechnik made in China, die bestimmt nachtaktive Vögel blendet? Oder einfach gar nichts? Das Geld für die Gasrechnung sparen, zum Jahreswechsel stumm ins Gemüsefondue starren und dieses Horrorjahr vergessen? Wie traurig.

  • Like
  • PDF

Das könnte Sie auch interessieren

Foto: Foto: Marcus Heilscher

Möchten Sie eine Übernachtung in einem Fasshotel oder einen hochwertigen Picknickkorb gewinnen? Dann nehmen Sie an unserem Gewinnspiel teil! Dazu müssen Sie nur folgende Fragen beantworten:
1. Wie viel kostete eine Arbeitsstunde in Deutschland im Jahr 2022? Die Antwort finden Sie in der neuen Ausgabe des Wir. Hier.-Magazins: Zum Magazin
2. Wie heißt der Instagram-Account von Wir. Hier.?
3. Um welches Thema ging es im jüngsten Podcast von Wir. Hier. (zu finden auf unserem Portal www.wir-hier.de)?
Nennen Sie uns die richtigen Antworten und gewinnen Sie mit etwas Glück einen der folgenden Preise: 
1. PreisEine Übernachtung für zwei Personen in einem Fasshotel direkt am Rheinufer in Kamp-Bornhofen.
2. –4. PreisEin Picknickkorb aus Weidengeflecht mit Geschirr für zwei Personen.So können Sie teilnehmen:Schicken Sie uns die Antworten auf die drei Fragen, Ihre Anschrift sowie den Namen Ihres Arbeitgebers per E-Mail an: redaktion@wir-hier.deTeilnahmeberechtigt sind alle Leser von Wir. Hier. Eine Teilnahme über Gewinnspielclubs oder sonstige gewerbliche Dienstleister ist ausgeschlossen. Die Gewinner werden unter allen richtigen Einsendungen ausgelost.
Einsendeschluss ist der 22. April 2024.

So verändert KI die Chemie

Die deutsche Chemieindustrie steht vor umwälzenden Veränderungen durch Künstliche Intelligenz (KI). Ob in der Produktion, im Labor oder im Büro: KI bringt enorme Fortschritte – aber auch Veränderungen für die Beschäftigten.

Newsletter