Das forschende Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim bedient über 130 Märkte. Trotz der Turbulenzen um die neue US-Zoll- und Pharmapolitik bleibt für Boehringer die Versorgung der US-Patientinnen und Patienten ein unverrückbares Ziel. Jesus Soto, Head of Supply Chain Management & Strategy (Leiter des Bereichs Lieferkettenmanagement & Strategie), erläutert die vielen Maßnahmen, mit denen Boehringer seine Lieferfähigkeit sicherstellt.

„Dass die Medikamente in die Hände der Patienten kommen, hat oberste Priorität. Dazu gibt es keine Alternative.“
Herr Soto, was tut Boehringer Ingelheim bei unerwarteten Events, damit die Lieferketten trotzdem funktionieren?
Was die Produktion betrifft, so haben wir unseren Kernfootprint in Europa. Das bedeutet, hier sind unsere Produktionsnetzwerke besonders stark. Darüber hinaus verfolgen wir eine regionale Strategie, um je nach Bedarf auch an anderen Standorten präsent zu sein. So verfügen wir beispielsweise in den Amerikas und Asien über eigene Produktionsstandorte und lokale Partner, etwa Lohnhersteller und Lieferanten. Mit diesen bilden wir ebenfalls entsprechende Produktionsnetzwerke. Dass wir innerhalb unserer Lieferketten Zollschranken überwinden müssen, ist an sich nicht neu. Wir berücksichtigen dies in unserer Netzwerkstrategie.
Was heißt das?
Das bedeutet, dass wir unsere Lieferketten strategisch planen: Was produzieren wir mit welchen Technologien mit welchen Partnern an welchen Standorten? Dabei beziehen wir zum Beispiel die Zulassungsregulatorien vor Ort ein – und eben auch Zölle. Ein Back-up-Standortkonzept bietet uns Flexibilität.
Zum Beispiel in den USA?
Ja. Wir sind mit eigenen Kapazitäten in den USA präsent und arbeiten mit Partnern zusammen. Wenn nötig, können wir Back-up-Standorte aktivieren. Unser Hauptziel ist immer, die Patientinnen und Patienten weltweit und in den USA garantiert zu versorgen.
Welche weiteren Faktoren wirken auf Ihre Lieferketten ein?
In unser Risikomanagement fließen unter anderem geopolitische Aspekte, Risiken für Transportwege und Verfügbarkeiten sowie Cybersicherheit ein. Wir prüfen immer wieder, ob wir beispielsweise mit unseren Partnern und Lieferanten resilient genug aufgestellt sind. In der Logistik ändern sich die Bedingungen häufiger, auch das haben wir im Blick. Dieser gesamte Prozess funktioniert bei uns. Sogar in der Pandemie hatten wir kein Problem mit der Lieferfähigkeit.
Was bedeutet dies für die Kosten?
Der Kostencheck ist Teil unseres Planungszyklus. Patientinnen und Patienten müssen sich unsere Produkte ja weiterhin leisten können, und Regierungen setzen Preislimits. Was die US-Pharmapolitik angeht: Keine Spekulationen. Wir überwachen aktuelle Trends, bereiten uns proaktiv auf verschiedene Szenarien vor und definieren mögliche Maßnahmen, die wir umsetzen können, wenn die Fakten uns zeigen, dass es Zeit zum Handeln ist.
Sehen Sie Jobs in Deutschland in Gefahr?
Nicht bei uns. Unser Kernfokus ist Europa. Das bedeutet, dass wir hier investieren und neue Therapien entwickeln. Deutschland bildet dabei das Innovationszentrum, und daran gibt es keine Änderungen. Wir errichten zwei neue Fabriken in Ingelheim. Derzeit launchen wir neue Produkte zur Krebsbehandlung und zur Therapie von Lungenfibrose. Dafür sind die USA ein wichtiger Markt. Dass die Medikamente in die Hände der Patientinnen und Patienten kommen, hat oberste Priorität. Dazu gibt es keine Alternative.