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Ordentliches Gesetzgebungsverfahren

Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ist der wichtigste Prozess, mit dem in der Europäischen Union Gesetze erlassen werden. Beteiligt daran sind der Ministerrat der Europäische Union, das Europäische Parlament und die Europäische Kommission. Der Prozess umfasst mehrere Schritte und kann sich auf bis zu drei Lesungen erstrecken.

Initiative

Am Beginn des Gesetzgebungsprozesses steht der Vorschlag eines neuen Gesetzesentwurfes durch die europäische Kommission. Damit besitzt die Kommission das alleinige Initiativrecht. Jedoch können Parlament und Rat die Kommission zu einem bestimmten Rechtsvorschlag auffordern. Ebenso können auch Bürgerinitiativen aus der Union die Kommission zu einem Entwurf aufrufen.

Erste Lesung

Nachdem ein Gesetz vorgeschlagen wurde, wird es in der sogenannten ersten Lesung dem Europäischen Parlament vorgelegt. Dieses berät über den Vorschlag, schlägt ggf. Änderungen vor und stimmt letztendlich ab. Dabei genügt eine einfache Mehrheit, um den Standpunkt des Parlaments zu ermitteln. Dieser wird dann an den Ministerrat weitergeleitet, welcher über Gesetz und Änderungen ebenfalls berät und unter Umständen eigene Anmerkungen einbringt. Daraufhin wird über den Antrag mit einer qualifizierten Mehrheit abgestimmt. Stimmt dieser dem ursprünglichen Entwurf zu, ist das Gesetz erlassen. Hat der Rat an dem Entwurf jedoch etwas auszusetzten, so werden die Änderungen des Ministerrates an das Parlament zu einer zweiten Lesung zurückgeleitet.

Zweite Lesung

In der zweiten Lesung muss dann innerhalb von drei Monaten das Parlament eine Entscheidung zu den Änderungen des Europäischen Rates treffen. Lehnt es dabei die Änderungen mit einer absoluten Mehrheit ab, scheitert der Rechtsakt. Wird der geänderte Entwurf angenommen oder das Parlament schafft es nicht, innerhalb der drei Monate einen Beschluss zu fassen, wird das Gesetz erlassen. Hat das Parlament jedoch seinerseits nach wie vor Änderungsbedarf, so gehen diese Änderungen wiederrum an den Ministerrat zurück.

Daraufhin kann die EU-Kommission noch einmal eine Stellungsname zu den Änderungen abgeben, die dann zusammen mit dem Vorschlag des Parlamentes dem Europäischen Rat vorgelegt werden. Dieser besitzt eine dreimonatige Frist, um die Änderungen entweder billigen, was den Rechtsakt erlässt. Alternativ kann er die Änderungen ablehnen oder innerhalb der Zeitfrist keinen Beschluss treffen. In diesem Fall wird ein Vermittlungsausschuss einberufen.

Vermittlungsausschuss

Beim Vermittlungsausschuss, auch als formeller Trilog bezeichnet, kommen paritätisch Vertreter aller drei Legislativorgane der EU zusammen. Diese müssen innerhalb von sechs Wochen zu einer Entscheidung über den Gesetzesentwurf kommen. Ansonsten ist der Rechtsakt gescheitert. Wird jedoch eine Einigung erreicht, so wird der Kompromiss innerhalb von sechs Wochen Rat und Parlament zur dritten Lesung vorgelegt.

Dritte Lesung

In der dritten Lesung stimmt der Rat mit einer qualifizierten Mehrheit und das Parlament mit einer absoluten Mehrheit über die Ergebnisse des formellen Trilogs ab. Bestätigen beide den Vorschlag, so ist der Rechtsakt angenommen. Lehnt auch nur eine der beiden Instanzen ab oder trifft keinen Beschluss, scheitert der Akt.

Informeller Trilog

Informelle Triloge sind informelle Verhandlungstreffen, die im Gegensatz zu formellen Trilogen zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens stattfinden können. Ziel ist es hierbei, eine rasche politische Einigung zwischen Rat und Parlament erzielen zu können. Ein informeller Trilog weicht daher vom ordentlichen Gesetzgebungsverfahren ab und ist auch nicht in den europäischer Verträge vorgesehen. Im europapolitischen Alltag sind informelle Triloge jedoch sehr viel bedeutender als formelle Triloge. Etwa zwei Dritteln aller ordentlichen Gesetzgebungsverfahren wurden die letzten Jahre von informellen Trilogen begleitet.

Weiterführende Informationen zu den Abläufen und der Organisation des Europaparlamentes finden Sie hier.

Wie die Chemieindustrie aus Rheinland-Pfalz ihren Beitrag zur EU-Klimapolitik leisten will, lesen Sie hier.

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