Arbeiten in der Chemie

Möglichkeiten nach Hauptschulabschluss: vom Hauptschüler zum Techniker

· Lesezeit 2 Minuten.
© Sandro
Karriere:Bjlrn Barthel entwickelt bei Renolit Fensterfolien.

Lernen ist mühsam und oft genug harte Arbeit, das weiß Björn Barthel nur zu gut. Der 37-Jährige hat beim Folienhersteller Renolit in Worms einen anspruchsvollen Job in der Anwendungstechnik. Dabei sahen seine Startbedingungen alles andere als gut aus.

„Meinen Hauptschulabschluss habe ich nur mit Ach und Krach geschafft“, erzählt Barthel freimütig. „Ich war mit 16 Jahren echt eine faule Socke!“ Alles scheint ihm damals verlockender, als die Schulbank zu drücken. Doch bei den Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz gibt es ein erstes Erwachen: Es hagelt Absagen. „Dann durfte ich in einer kleinen Firma als Elektroinstallateur anfangen, aber schon nach wenigen Wochen wurde ich entlassen. Ich war wohl nicht gut genug.“

Im Praktikum Mühe geben

Seine Mutter drängt ihn, an einem Förderprogramm des Christlichen Jugenddorfwerks Deutschland teilzunehmen, einem Jugend-, Bildungs- und Sozialwerk. Dort erhält er Unterricht, und man schickt ihn zu Praktika in viele Firmen, darunter auch Renolit. Hier lernt er die Aufgaben eines Verfahrensmechanikers kennen: „Das hat mir gut gefallen.“ Der junge Mann bewirbt sich um einen Ausbildungsplatz und bekommt – trotz des miserablen Schulzeugnisses – eine Chance: „Im Praktikum habe ich mir auch echt Mühe gegeben“, sagt er.

Die Lehrzeit absolviert er ordentlich, ist in der Praxis hervorragend, aber die Theorie fällt ihm eher schwer. Nach der Prüfung wird er übernommen und arbeitet in der Produktion, wo er Fenster- und Möbelfolien im Schichtdienst herstellt. Im Laufe der Jahre übernimmt er immer mehr Verantwortung, denkt über sein weiteres Leben nach und liebäugelt mit einer Weiterbildung: „Ich hab mich mit Kollegen, dem Ausbildungsleiter und meinen ehemaligen Lehrern beraten“, erzählt Barthel. „Als ich genau wusste, was ich machen möchte, bin ich zum Personalleiter gegangen.“ Der unterstützt sein Vorhaben. Doch alle Plätze in der Fortbildung sind bereits besetzt. Erst ein Jahr später, 2006, kann Barthel berufsbegleitend die Weiterbildung zum Maschinentechniker mit Schwerpunkt Verfahrenstechnik starten. „Das heißt, vier Jahre lang vier Tage pro Woche von 17.30 Uhr bis 20 Uhr zur Schule zu gehen“, berichtet der junge Mann.

Seinem Vater erzählt er von dem Plan, der glaubt zuerst an einen Scherz: „Der war gut!“ Natürlich ist es eine große Herausforderung mit jeder Menge Arbeit. Doch sein Vater stärkt ihm den Rücken: „Probier es einfach. Aufhören kannst du dann ja immer noch.“

Barthel packt sein Projekt an und verfolgt sein Ziel hartnäckig. Er lernt auch zu Hause und am Wochenende fleißig. Freizeit, Familie und Freunde stehen in dieser Zeit hintenan. Als er 2009 den Abschluss in der Tasche hat, ist er mächtig stolz: „Der ist mir nicht so einfach zugeflogen“, gesteht er. „Man muss schon was leisten, um im Leben voranzukommen.“

Da zu diesem Zeitpunkt keine passende Stelle bei Renolit frei ist, arbeitet er zunächst wieder ganz normal in der Produktion. Dreimal bewirbt er sich auf freie Positionen im Haus, ohne Erfolg. Nebenher lernt er Englisch: „Das braucht man einfach für eine andere Stelle.“

Engagement zahlt sich aus

Er holt sich Bücher, büffelt Vokabeln, besucht Kurse in der Volkshochschule, sieht Filme von „Star Wars“ bis „Harry Potter“ nur noch auf Englisch. Das kommt gut an: Die vierte Bewerbung 2011 in der Anwendungstechnik klappt. „Den Vertrag gab’s zunächst für ein Jahr auf Probe, aber jetzt bin ich fest im Sattel.“

Heute führt er Projekte und Versuche durch und berät Kunden beim Aufbringen von Folie auf Fensterprofile. „Dazu muss ich öfter reisen, auch nach Amerika, Russland und Indien.“ Mit dem neuen Beruf ist er glücklich: „Die Mühe hat sich gelohnt: Ich bin endlich am Ziel!“

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