
Firmenporträts
Zschimmer & Schwarz: Mehrere Generationen, ein Unternehmen
Bei Zschimmer & Schwarz arbeiten ganze Familiendynastien.
von Matilda Jordanova-Duda
„Hallo Lothar, alles klar?“ Kaum einer, der auf dem Weg zur Kantine ohne Gruß an Lothar Lambrich vorbeigeht. „Die meisten kennen mich noch“, sagt der 77-Jährige. Dabei ist er schon seit einer halben Ewigkeit im Ruhestand. Aber er hat 32 Jahre bei Zschimmer & Schwarz in Lahnstein gearbeitet. Und vielleicht noch wichtiger: Auch seine Kinder sind bei dem Produzenten von chemischen Hilfsmitteln und Spezialitäten beschäftigt, ihre Ehepartner ebenfalls, ein Enkel hat seine Ausbildung hier gemacht.
Lambrich hat damals den Seniorchef des Familienunternehmens chauffiert, schwärmt von Reisen nach Frankreich, Schweden und in die Schweiz. Als der Seniorchef sich aus dem Betrieb zurückzog, wurde der gelernte Schlosser eine Art Hausmeister. Und weil der Vater so viel Gutes über die Firma zu erzählen hatte, stand für Tochter Katja Marx und Sohn Dirk Lambrich schon früh fest: „Wir gehen auch zu Zschimmer & Schwarz!“
„Ich war naturwissenschaftlich interessiert, und die Firma war praktisch vor der Haustür“, erinnert sich Katja Marx: „Z & S hatte in der ganzen Region einen Ruf als toller Arbeitgeber.“ Ein Schülerpraktikum überzeugte sie endgültig, sich als Chemielaborantin ausbilden zu lassen. 40 Jahre ist das her. Marx arbeitete mit dem Gaschromatografen, analysierte die Tenside, Grundmassen und Ester, die das Chemieunternehmen für Kunden aus der Kosmetikbranche herstellt. Seit zwölf Jahren ist die 54-Jährige nicht mehr im Labor, sondern freigestellte Betriebsratsvorsitzende. Sie kümmert sich um die Belange der mehr als 500 Angestellten am Stammsitz. Zudem ist sie in der Bundestarifkommission Chemie der Gewerkschaft und als ehrenamtliche Richterin am Koblenzer Sozialgericht tätig.
Mit dem Betrieb groß geworden
Auch für ihren Bruder war ein Praktikum einst ausschlaggebend: „Erzählen ist das eine, Erleben eine andere Sache“, lächelt er. Er wird ebenfalls in diesem Jahr ein Firmenjubiläum feiern: Bei ihm sind es 35 Jahre. Lambrich junior ist Chemikant. An seiner Anlage werden bis zu 350 verschiedene Produkte hergestellt. „Wir decken alle Sparten ab und machen Chemikalien für Kosmetik-, Leder- und Keramikhersteller“, zählt er auf. „Wir mischen nach Rezept: Ich vergleiche das immer mit dem Kochen.“ Der 50-Jährige ist Schichtführer und dafür zuständig, die Planung des Meisters in die Praxis umzusetzen. „Ich gucke, wann welches Produkt fertig sein soll, und teile meine fünf Kollegen entsprechend ein.“

Kein Wunder, dass sich alle Gespräche bei den Lambrich-Familientreffen immer wieder um Z & S drehen. Katja Marx’ Mann arbeitet in der Schlosserei: Die beiden haben sich in der Firma kennengelernt. Und die Schwägerin ist in der Postverteilungs- und Dokumentationsstelle tätig. Solche Mitarbeiterdynastien sind typisch für mittelständische Familienunternehmen, in denen alles einen Tick familiärer ist. Bei Z & S gibt es einige, die seit Generationen für das 1894 gegründete Unternehmen arbeiten. „Mitarbeiterkinder müssen sich wie alle anderen bewerben“, betont Marx. Aber natürlich ist es von Vorteil, wenn man praktisch mit dem Betrieb groß geworden ist.
Ein gutes Arbeitsklima
„Früher war es noch mehr wie eine Familie“, erinnern sich die Lambrichs: Alle Kollegen wohnten in der Umgebung und sahen sich auch nach Feierabend, die Azubis radelten zum Werk. Heute sei das Einzugsgebiet viel größer. Und auf der Arbeit bleibe wenig Zeit für einen kleinen Schwatz. „Unsere Produktionszahlen stehen auf Wachstum“, sagt Marx und spricht von Arbeitsverdichtung und Automatisierung. „Aber wir haben weiterhin ein gutes Arbeitsklima.“ Deshalb kommt auch Lothar Lambrich noch gern in seine alte Firma – „wie die meisten unserer Rentner“. Einmal im Jahr lädt Z & S die Ehemaligen zu Kaffee und Kuchen ein. Lambrich senior erzählt dann von den Äpfeln und Kartoffeln, die er auf seinem Hof zieht, und dass er immer noch Motorrad fährt, nur jetzt ein kleineres Modell.
Und die dritte Generation? „Klar, die haben zu Hause auch alle mitgekriegt, wie es hier läuft“, sagt Katja Marx. Ihr Sohn Marc hat hier seine Ausbildung zum Chemikanten absolviert und arbeitete bis Anfang 2017 im Unternehmen. Inzwischen hat er sich beruflich neu orientiert und studiert nebenbei BWL in Koblenz. „Früher blieb man bis zur Rente in einem Betrieb. Die jungen Leute sind jedoch anders: Sie wollen immer etwas Neues ausprobieren“, weiß Marx. Dirk Lambrich hat seinen Kindern Z & S auch ans Herz gelegt. Der Sohn hat sich beworben, aber ein Nachbarunternehmen habe schneller zugesagt, erzählt Lambrich. Seine Tochter hat ganz andere Pläne: Sie will Juristin werden.