Politik & Wirtschaft

Farbenindustrie warnt vor Titandioxid-Plänen der EU

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Die deutschen Hersteller von Farben, Lacken und Druckfarben kritisieren den jüngsten Vorschlag der EU-Kommission zur Einstufung von Titandioxid als ungerechtfertigt und mahnen eine Abschätzung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen an, um ungewollte Auswirkungen zu vermeiden.

Vorschlag ohne wissenschaftliche Grundlage

Bei einem Expertentreffen am 18. September 2019 will die Europäische Kommission letzte Klarheit über die Haltung der Mitgliedstaaten zu ihrem Vorschlag für eineEinstufung von Titandioxid als Gefahrstoff gewinnen. Im Vorfeld meldet die deutsche Farbenindustrie schwere Bedenken an. Aus Sicht der Unternehmen fehlt dem mehrfach überarbeiteten Vorschlag nach wie vor jede wissenschaftliche Grundlage. Außerdem warnen die Hersteller vor den unbeabsichtigten Folgen einer Einstufung und fordern eine vorherige Folgenabschätzung.

Titandioxid ist das Weißpigment mit dem höchsten Deckvermögen und findet daher breite Verwendung in vielen industriellen Wertschöpfungsketten, zum Beispiel bei der Herstellung von Farben, Lacken, Bauprodukten, Kunststoffen und bei der Papierherstellung. Gleichwertige Alternativen gibt es nicht. Der jüngst bekannt gewordene Vorschlag der Kommission dehnt den Anwendungsbereich noch einmal deutlich aus: Danach sollen auch solche Gemische als Gefahrstoff eingestuft werden, in denen das Titandioxid fest in einer Matrix gebunden ist, z.B. industrielle Anwendungen wie Pulverlacke, aber auch viele Putze, Trockenmörtel, Fugen- und Spachtelmassen etc.

Malkästen und Straßenkreide bald verboten?

„Die vorgeschlagene Einstufung hätte zur Folge, dass viele dieser Produkte auf ihrer Verpackung vor einer möglichen Krebsgefahr warnen müssten, obwohl nach Einschätzung sämtlicher Experten die aktuellen Grenzwerte einen sicheren Umgang gewährleisten“, kritisiert Dr. Martin Engelmann, Hauptgeschäftsführer des Verbands der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie e.V. (VdL) den Vorstoß. Im Übrigen würden mehrere EU-Regelungen den Einsatz von (potentiell) krebserregenden Stoffen in bestimmten Produkten ausdrücklich ausschließen, beispielsweise für Spielzeug wie Deckmal-Farbkästen und farbigeStraßenmalkreide.

„Wir haben nicht den Eindruck, dass die Kommission weiß, welche Auswirkungen ihr neuer Vorschlag hat. Es braucht daher unbedingt eine Abschätzung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Folgen, wie sie eigentlich für Maßnahmen mit derart erheblichen Folgen vorgesehen ist“, erläutert Engelmann. Der VdL hat gemeinsam mit 297 Unternehmen und Verbänden einen entsprechenden Aufruf an die Kommission unterzeichnet. In Rheinland-Pfalz träfe die Einstufung unter anderem den Hersteller Jansen Lacke. Wie sein Unternehmen unter der (Über-)Regulierung ächzt, hat uns Firmenchef Peter Jansen erzählt.

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