Politik & Wirtschaft

Frauen in Logistik und Produktion

· Lesezeit 5 Minuten.
Linkes Bild: Logistikfachfrau Kathleen Knecht steuert den Gabelstapler. Bild in der Mitte: Sie stellt vor einem Regal mit einer Liste in der Hand Material aus dem Lager zusammen. Bild rechts: Sie steht lachend vor der betriebseigenen Lok des Unternehmens.
Am Steuer, im Lager, auf dem Weg zu neuen Zielen: Von links: Mit dem Gabelstapler große Lasten zu bewegen gehört für Kathleen Knecht, Logistikfachfrau bei Prefere Paraform, zum Alltag. Auch im Materiallager kennt sie sich bestens aus. Ihr Wunsch ist, demnächst den Lok-Führerschein zu machen. Foto: Hans Kranich/IW Medien

Dass Kathleen Knecht, 41, mal per Gabelstapler Big Bags – Riesensäcke für Schüttgut – mit einem Gewicht von 1000 Kilogramm bewegen würde, hat sie sich als Jugendliche nicht träumen lassen. Obwohl: Neugierig auf spannende Berufe mit viel Abwechslung, zum Beispiel bei Polizei oder Bundeswehr, war sie schon damals. Ob sie die einzige Frau im Team sein könnte, spielte dabei keine Rolle.

Eine Frau im Team der Logistik-Profis

Bei Prefere Paraform in Mainz ist sie eine von insgesamt sechs Logistikprofis. Dort produziert das Unternehmen unter anderem aus Methanol verschiedene Derivate wie Formaldehyd und Folgeprodukte wie das Granulat Paraformaldehyd und Hexamethylentetramin für die industrielle Nutzung. Die Erzeugnisse gehen in Anwendungen wie Gummiprodukte, Lacke und Stahlveredelung. Im Betrieb arbeiten 145 Beschäftigte. In der gesamten Prefere-Gruppe mit 15 Standorten in Europa, den USA und Indonesien sind es insgesamt circa 750 Mitarbeitende.

Zu Kathleen Knechts Aufgaben gehört es, den Technikern Material aus dem Magazin auszuhändigen, dem Lager für Reparatur- und Verbrauchsgüter. Von der kleinsten Schraube bis zum meterlangen Rohrstück findet sie routiniert die benötigten Teile. Zudem nimmt sie die Lkw in Empfang, die Rohstoffe und Verpackungsmaterial in Säcken und Big Packs anliefern. Es gilt, diese Gebinde abzuladen und an ihren Bestimmungsort zu bringen. Die Trucker staunen oft nicht schlecht, wenn sie sehen, dass das eine Frau macht. Kathleen Knecht nimmt´s mit Humor: „Wir begegnen uns auf Augenhöhe. Und die Späße mit den Fahrern sind die schönsten Momente im Arbeitsalltag.“

Sicherheit geht vor

Was die schwere Fracht angeht, betont sie: „Man hebt das niemals selbst.“ Für Muskelübungen sind diese Güter nicht geeignet. „Sicherheit geht immer vor“, sagt die gelernte Fachkraft für Lagerlogistik. Nicht auf Schnelligkeit kommt es an, sondern auf sorgfältiges Prüfen und vorsichtiges Verladen.

Kathleen Knecht ist seit 15 Jahren in ihrem Beruf. Als nächstes möchte sie den Lokführerschein bei Prefere Paraform machen. Denn auf dem Betriebsgelände gibt es eigene Eisenbahnen, um die Kesselwagen mit Formaldehyd zu transportieren. „Eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe“, sagt sie. Und eine passende. In ihrer Freizeit fährt Kathleen Knecht Motorrad. Ihre Kawasaki Z650 ist deutlich schneller als die Prefere-Paraform-Loks. Sicherheit in Technik, Know-how und Ausrüstung sind ihr im Job ebenso wichtig wie in der Biker-Kluft.


Chemikantin? Die Idee!

Einen coolen Beruf lernen und sich dann weiterentwickeln: Das ist auch der Weg der beiden Chemikantinnen Tina Sauer und Anna Wölfel-Juretzko. Tina Sauer, 47, hatte den Ausbildungstipp von ihrem Vater, Chemikant von Beruf, erhalten („Das ist die Idee!“). Ihre Kollegin Anna, 41, hatte sich im Berufsinformationszentrum umgeschaut, den Beruf entdeckt „und durchgezogen“.


Chemikantin und Kesselwärterin Tina Sauer regelt die Abläufe im Kesselhaus.
Als Kesselwärterin im Einsatz: Die erfahrene Chemikantin Tina Sauer hat sich zur Kesselwärterin weiterqualifiziert. Sie steuert die Kessel des Mainzer Betriebs und damit wichtige Funktionen des Energiekreislaufs. Foto: Hans Kranich/IW Medien

Kesselwärterin: eine anspruchsvolle Weiterbildung

Vor zwei Jahren qualifizierten sich beide zu Kesselwärterinnen weiter. Diese Weiterbildung ist wertvoll für alle Prozesse: Denn die große Industriedampfkessel-Anlage, für die sie zuständig sind, stellt das Herz des Mainzer Werkes dar. Sie verbrennt Produktionsabluft zur Energiewiedergewinnung. Zugleich dient der Dampf dem Beheizen der chemischen Prozesse und der Eigenstromerzeugung. Wer diese Anlage bedienen kann – wie Tina Sauer und Anna Juretzko –, ermöglicht allen anderen das Arbeiten.

Ein typischer Arbeitstag, das heißt für die beiden Frauen: Kontrollgänge drinnen und draußen machen, die Produktion vorbereiten, anfahren und regeln, Proben ziehen, die Anlagen und das Verladen der fertigen Erzeugnisse überwachen.

Chemikantin und Kesselwärterin prüft während eines chemischen Prozesses die Steuerungen der Anlage.
Prozesse und Anlagen im Blick: Auch Anna Wölfel-Juretzko ist Chemikantin und Kesselwärterin. Zu ihren Aufgaben zählt es unter anderem, chemische Abläufe und Steuerungen zu checken. Foto: Hans Kranich/IW Medien

Schichtarbeit hat einige Vorteile

Sie arbeiten im Schichtbetrieb, was für sie gut funktioniert. „Die Nachtschichten werden zur Gewohnheit“, berichtet Tina Sauer. „Man hat mehr frei“, sagt Anna Wölfel-Juretzko, „und muss sich keinen Urlaub für Erledigungen nehmen.“ Ihr Privatleben ist mit Herzensaufgaben verbunden: Anna Wölfel-Juretzko widmet sich ihrem sechsjährigen Sohn Noah. Tina Sauer verbringt viel Zeit mit ihrer Fuchsstute Mary.

Die Chemikantinnen Tina Sauer (links) und Anna Wölfel-Juretzko bei der Übergabe zum Schichtwechsel.
Schichtwechsel: Eine sorgfältige Übergabe ist für die beiden Kolleginnen Tina Sauer (links) und Anna Wölfel-Juretzko selbstverständlich. Foto: Hans Kranich/IW Medien

Gegenseitige Hilfsbereitschaft ist gerade im Schichtteam wichtig

Ein Schichtteam umfasst in aller Regel drei Teammitglieder: eine Person für den Stellraum (eine Spezialeinrichtung für die Lagerung von Chemikalien), eine für die Anlagen und eine für die Kessel. Das Schichtteam arbeitet zudem mit Technikern wie Elektrikern und Mechatronikern zusammen. Alles Männer. „Am Anfang haben sie uns noch die Tür aufgehalten“, sagt Tina Sauer. „Und neue Kollegen sind anfangs etwas distanziert. Das legt sich schnell.“ Gegenseitige Hilfsbereitschaft, meinen die beiden, stehe bei der Zusammenarbeit im Vordergrund.

Nach mehr als 20 Jahren im Beruf können sie auf viel Erfahrung zurückblicken. Schichtführerin zu werden, wäre für die zwei langjährigen Chemie-Profis ein attraktives neues Berufsziel. 

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