Politik & Wirtschaft

Chemie-Tarifrunde 2022: Arbeitgeber fordern "Investieren statt verteilen"

· Lesezeit 2 Minuten.
BASF-Anlage in Ludwigshafen
BASF-Anlage in Ludwigshafen: In der Chemie-Tarifrunde geht es um die Löhne für 580.000 Beschäftigte der Branche. Foto: BASF

„Wir erleben eine Zeit gestörter Märkte und großer Umbrüche mit unklarem Ausblick. In dieser Ausnahmesituation können Standardinstrumente der Tarifpolitik nicht die richtige Lösung sein, um darauf zu reagieren.“ Mit diesen Worten hat Bernd Vogler, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Chemie Rheinland-Pfalz, die IG BCE-Forderungen nach mehr Lohn kommentiert. Vogler ergänzte: „In normalen Zeiten ist es bereits schwierig, im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Aber nun müssen wir die größte Transformation in der Geschichte meistern.“ Aus Sicht der Arbeitgeber sei zudem zu berücksichtigen, dass in den letzten Jahren die Löhne um 30 Prozent gestiegen sind, während die Inflation um 16 Prozent zugenommen hat. Der Reallohn sei also signifikant gestiegen.

Einigkeit besteht bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern in der Analyse der Transformation: „Das alles wird extrem anspruchsvoll, teuer und riskant. Wenn wir die Transformation vergeigen, steht das gesamte Wohlstandsmodell in Frage“, sagte bereits IG BCE-Chef Michael Vassiliadis. Dies müsse nun auch in den Tarifverhandlungen berücksichtigt werden, betonen die Arbeitgeber. Aus ihrer Sicht sei jetzt die Zeit der Investitionen und nicht der Verteilung. Die Unternehmen müssen in die Zukunft der Branche investieren – in Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft, Digitalisierung und Fachkräftemangel. Hinzu kämen die Auswirkungen der EU-Chemikalienstrategie: „Wenn die Verbote so kommen, wie sie derzeit diskutiert werden, stehen ganze Wertschöpfungsketten auf dem Spiel“, so Vogler.

„Der Markt ist gestört.Es ist derzeit nicht absehbar, wann sich die Lage wieder normalisiert“, fasste Vogler die Lage der Unternehmen zusammen. Große Auswirkungen auf die Geschäfte haben die stark gestiegenen Kosten bei Energie, Rohstoffen und Logistik. „Wir sehen zwar Umsatzsteigerungen, doch die Gewinne bleiben aufgrund der hohen Kosten unter Druck“, so Vogler. Hinzu kommt, dass die Verfügbarkeit von Rohstoffen und Logistik nicht immer gesichert ist.

Insgesamt sei die wirtschaftliche Erholung in den Unternehmen sehr verschieden. Besonders die Automobilzulieferer kämpfen mit Strukturwandel. „Fakt ist, dass die Chemie-Produktion noch unter dem Niveau des Jahres 2018 liegt“, erläuterte Vogler.

Informationen und Neuigkeiten zur Chemie-Tarifrunde 2022 finden Sie auchbeim Bundesarbeitgeberverband Chemie sowie in den sozialen Netzwerken unter #chemie22.

  • Like
  • PDF
Schlagworte

Das könnte Sie auch interessieren

Katherina Reiche, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie.

Energiewende ja, aber anders
Wirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche will den Ausbau erneuerbarer Energien und die Kosteneffizienz neu ausbalancieren. Betreiber von Ökostrom-Anlagen sollen sich Ihrer Meinung nach künftig an der Finanzierung des Netzausbaus beteiligen.
Wie die Frankfurter Neue Presse meldete, möchte Reiche Ende des Sommers einen „Realitätscheck“ zur Energiewende vorlegen. „Wir brauchen zwingend mehr Steuerbarkeit, um die Volatilität der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien ausgleichen zu können“, sagte sie demnach. „Auch Speicher spielen zum Ausgleich eine Rolle. Sie sind Teil der Lösung, aber reichen allein nicht aus. Wir werden uns die Ergebnisse genau anschauen, und dann werden wir die notwendigen Schlüsse daraus ziehen.“ 
Der Ausbau der Stromnetze geschieht zu langsam
Reiches Vorgänger Robert Habeck (Grüne) hatte mit verschiedenen Maßnahmen den Ausbau des Ökostroms vor allem aus Wind und Sonne vorangetrieben. Die erneuerbaren Energien sollen eine Schlüsselrolle spielen, damit Klimaziele erreicht werden. Der Ausbau der Stromnetze hält aber nicht Schritt. Wegen fehlender Netze müssen erneuerbare Anlagen immer wieder gedrosselt werden. Ausgleichsmaßnahmen gegen Netzengpässe kosten Geld. Um den vor allem im Norden produzierten Windstrom in den Süden zu leiten, sind zusätzliche Stromleitungen erforderlich. Ein Großteil ist aber noch nicht fertig.
Mehr Kosteneffizienz als Ziel
Mit Blick auf geplante Entlastungen der Stromkunden bei den Netzentgelten, mit denen unter anderem der Netzausbau finanziert wird, sagte die Ministerin: Momentan würden Kosten vom Stromkunden in die öffentlichen Haushalte und damit auf den Steuerzahler verschoben. „Wir lösen damit nicht das grundlegende Problem. Die Entlastungen bei der Stromsteuer, die Abschaffung der Gasspeicherumlage, die teilweise Übernahme der Netzkosten und die Übernahme der schon länger in den Haushalt verlagerten EEG-Kosten machen zusammen rund 30 Milliarden Euro aus.“ Die Energiewende müsse kosteneffizienter werden. „Und das geht auch.“
Zweifel am prognostizierten Stromverbrauch
Eine wesentliche Kenngröße sei der prognostizierte Stromverbrauch, sagte Reiche. „Die letzte Regierung hat angenommen, dass der Stromverbrauch schon 2030 auf bis zu 750 Terawattstunden steigt, bis 2035 gibt es Prognosen von 1.000 Terawattstunden.“ Das wäre eine Steigerung von fast 50 Prozent innerhalb weniger Jahre. „Seriöse Studien zweifeln, ob diese Steigerungen der Realität standhalten. Wir werden eine deutliche Zunahme der Elektrifizierung sehen, insbesondere im Bereich der Wärmepumpen, der Elektromobilität, der Digitalisierung. Ob in den von der Ampel angenommenen Größenordnungen, darf bezweifelt werden.“
Ökostrom-Betreiber sollen sich an Kosten für Netzausbau beteiligen
Betreiber von Anlagen erneuerbarer Energien müssten mehr Systemverantwortung übernehmen, meint Reiche. Sie sollten sich an der Finanzierung des Netzausbaus beteiligen. „Systemverantwortung heißt, dass die Kosten für den Netzausbau nicht mehr nur über die Netzbetreiber und die allgemeinen Netzentgelte von den Stromkunden zu bezahlen sind“, sagte Reiche. Die Kosten für den Netzausbau liegen bisher voll beim Netzbetreiber und werden über die Netzentgelte von den Stromkunden bezahlt.

Wechseln zur Seite International Articles Wechseln zur Seite Newsletter