Politik & Wirtschaft

Podcast Wir. Hear. - CEOs als Influencer

· Lesezeit 22 Minuten.
Team bei hybrider Konferenz
Überzeugend auftreten : Chefs sollten sich von Influencern inspirieren lassen, um richtig mit Beschäftigten zu kommunizieren. Foto: Micah C/peopleimages.com - stock.adobe.com

In der neuen Folge unseres Podcasts geht es diesmal darum, wie Vorgesetzte richtig mit ihren Mitarbeitenden kommunizieren. Denn die chemische Industrie wandelt sich, und das kann Beschäftigte leicht verunsichern. Führungskräfte müssen souverän agieren und den Mitarbeitern Sicherheit bieten. Doch wie kommuniziert man in dieser Situation überzeugend? Das erklärt der Medientrainer Bernhard Messer im Gespräch mit Tobias Göpel. Seine Empfehlung an Chefs: Lernt von Influencern!

Hören Sie rein und abonnieren Sie Wir. Hear. zum Beispiel bei Spotify.

 

 

Tobias Göpel: Die chemische Industrie befindet sich im Wandel. Neue Herausforderungen bedeuten auch Unsicherheit. Hier ist das Management gefragt, souverän zu agieren und den Beschäftigten die notwendige Sicherheit zu geben. Wie das in der Kommunikation gelingen kann, dazu spreche ich heute mit Bernhard Messer. Seit 31 Jahren ist der Medientrainer in verschiedenen Branchen unterwegs und hat dabei unterschiedliche Führungstypen kennengelernt. Seine Empfehlung an CEO ist: Lernt von den Influencern. Hallo Bernhard, schön, dass du da bist.

 

Bernhard Messer: Ja, Tobias, danke für die Einladung.

 

Tobias Göpel: Ja, Bernhard, ich kann mir vorstellen, dass deine Empfehlungen hier und da zu Abwehrhaltungen führen kann. Was meinst du genau?

 

Bernhard Messer: Also erst mal zu der Abwehrhaltung. Wenn die Menschen in Medientrainings gehen und mich dann fragen, sagen sie mal, wie stellen sie sich die Zukunft im Bereich Kommunikation vor, dann ist das jetzt nicht so der Schock, als wenn ich irgendwo auf einem Podium sagen würde, lernt von den Influencern. Und viele haben ja dann auch die Idee, ist das jetzt Daggy Bee oder Bibis Beauty Place? Was muss ich da jetzt machen? So was ist natürlich nicht gemeint. Aber wenn man sich mal anschaut, wie viele Follower diese Influencer haben, die dann in den Millionenbereich reingehen und entsprechend ja auch von diesen Unternehmen gebucht werden, sogar vom Verband der Chemischen Industrie, zum Teil jedenfalls. Und sich die Leute wundern, was da für Preise aufgerufen werden, dann finde ich, lohnt sich das schon mal genauer hinzugucken. Wie erreichen Influencer eigentlich diesen Erfolg? Was machen die dafür? Und der nächste Punkt ist natürlich, wer sind die Follower? Also man muss sich schon überlegen, wem sollte man dann folgen, wenn man als Führungskraft Vorbilder sucht? Da wird die Luft dann schon etwas dünner, aber sie ist halt da. Und es gibt eben die extrem erfolgreichen Menschen mit Millionen-Quoten, wo man durchaus was abgucken kann.

 

Tobias Göpel: Bei Influencern denke ich jetzt mal so drei groben Bereichen, wobei zwei fast zusammengehören. Also das wäre TikTok und Instagram, wobei TikTok für mich noch ein Ticken heftiger ist. Kurze, schnelle Geschichten ohne Pause. Und dann wird dann halt mitunter vielleicht gar nicht so gehaltvoll, sondern sehr überspitzt etwas kommuniziert. Das andere wäre so das klassische LinkedIn. Also wenn wir uns über CEOs als Influencer unterhalten, dann denke ich jetzt erst mal so in die LinkedIn Richtung rein. Also schon eine gewisse Infotainment Geschichte mit rein, aber auch letztendlich dann halt aufklärend. Und ja, dass ich halt Lust habe zu folgen.

 

Bernhard Messer: Genau. Also wenn ich mir jetzt angucke, wer sind die großen Namen auf Instagram? Da hat man relativ viele Fußballer beispielsweise und so, das passt dann einfach auch nicht von den Vorbildern her.

 

Tobias Göpel: Also in welchen Situationen würdest du sagen, ist deine Empfehlung hilfreich? Eine Art Townhall regelmäßig zu machen oder ähnliches? An was denkst du da an deine Empfehlungen?

 

Bernhard Messer: Also grundsätzlich geht es ja bei Führungskräften, sorry, wenn ich jetzt mal wirklich banal bin, um Führung, also zu erreichen, dass die Menschen, die dann zugeschaltet sind, vielleicht auch zuhören oder hoffentlich zuhören, gestärkt aus Situationen rausgehen. Also hier und da frage ich schon in den Trainings, sagen Sie mal, warum machen Sie das jetzt hier als Meeting? Das ist doch super kompliziert. Das kann man eigentlich besser nachlesen. Also wo sehen Sie da Ihre Rolle? Wo die Leute erst mal mich groß angucken und sagen: Ja, aber ich muss ja jetzt hier das Meeting halten. Und wenn man dann fragt: Was ist Ihr Ziel? Was ist Ihre Wirkung? Dann ist man eigentlich in den alltäglichen Führungssituationen. Und wenn man sich dann überlegt, du hast gerade diese Town Hall Meetings angesprochen. Die Anforderungen werden ja für Führungskräfte immer höher, weil wir auch absehen können, viele Menschen werden nicht mehr fünf Tage im Büro sein. Also ich muss mich darauf einstellen, viel häufiger die Leute über so etwas wie mein Mikrofon, die Kamera, über den Bildschirm und dann an die Leute ranzukommen. Das bedeutet ja eine enorme Kommunikationsenergie, die ich aufbringen muss, um Wirkung zu erzielen. Es geht ja jetzt hier nicht Manipulation, aber wenigstens Orientierung zu geben.

 

Tobias Göpel: Jetzt hast du viele gute Ansatzpunkte gebracht. Gehen wir mal der Reihe nach durch. Also ich kenne viele Führungskräfte, die sind gut, teilweise auch überragend auf einem Fachgebiet. Doch nicht immer sind diese Menschen auch auf der Beziehungsebene sicher unterwegs. Also die können das Geschäft ganz gut oder die können Zahlen ganz gut. Aber sobald es das Menschliche geht, werden sie sehr unsicher. Was ist aus deiner Sicht wichtig, eine Beziehung aufzubauen? Nicht jeder ist ja für die Bühne geboren, auch wenn es eine virtuelle ist, wie wir es gerade gesagt haben. Hast du Tipps, wie man vielleicht auch als Fachkraft, die menschlich jetzt eher unsicher ist, für sich üben kann. Vor dem Spiegel zum Beispiel zu Hause oder ähnliches.

 

Bernhard Messer: Fangen wir mal bei dem Punkt an: Nicht jeder ist für die Bühne geboren. Ich finde, das ist schon ein vernünftiger Ansatz, sich zu überlegen, was will eigentlich die Belegschaft? Die Belegschaft will ja gar keine Show. Was die Belegschaft ja will, ist, dass sie abgeholt wird aus diesen Situationen, dass die Fragen nicht nur ernst genommen werden, sondern aufgegriffen werden. Und klar, da gibt es die ganz große Bandbreite der Menschen. Und selbst ein Obama hat ja mal gesagt, dass er eigentlich eher introvertiert ist und nach bestimmten Auftritten erst mal seine Auszeit braucht, wieder runterzukommen. Also das zu akzeptieren, dass man eher zurückhaltend, eher schüchtern ist, das ist ja völlig in Ordnung. Also was in solchen Medientrainings beispielsweise passiert, wenn dann quasi geübt wird, wie bringe ich mein Thema rüber, dann ist das erste, dass geguckt wird, was sind denn jetzt hier eigentlich die Kernaussagen? Also was soll beim Publikum hängenbleiben? Ich glaube, alle kennen diese Situation. Es war ein Meeting, man hat nicht dran teilgenommen und fragt, was gab es Besonderes? Die Zahlen sind schlecht. Also, dass es auf irgendeine banale Zusammenfassung reduziert wird und sich zu überlegen, wenn ich über diese Latte drüber springen will, was sind denn so die drei Punkte, die die Leute behalten sollten? Und dann halt auch sich zu überlegen, die Leute wollen ja nicht die reinen Fakten haben, die wollen ja auch die Positionierung, die persönliche Einschätzung von den Leuten, die da in diesen Führungspositionen sind. Also es ist die Kombination, dass man einfache Botschaften sich vorher vorbereitet und dann sich überlegt, wie erläutere ich die eigentlich? Und häufig sind es dann persönliche Erfahrungen oder Beispiele. Und dann wird es für die Leute meistens einfacher, weil über Beispiele kann man einfacher reden als über etwas Abstraktes. Also es mal klarzumachen, die größte Falle ist, dass diejenigen, die zurückhaltend sind, sehr abstrakt unterwegs sind. Dann ist die Kamera an, man hat Stress. Und wie häufig wird dann gesagt: Ach komm, ich mach das entweder mit Powerpoint oder ich mache es mit Teleprompter. Und dann ist ganz plötzlich die Wirkung weg, weil Leute auf Nummer sicher gehen wollen und lesen dann vom Teleprompter ab und plötzlich ist die ganze Mimik weg. Weil wenn man versucht einen Text abzulesen, wirkt das für die, die zuschauen, eher schon nah am Panikmodus, was überhaupt nicht stimmen muss. Aber so ein Textzeilen, die sich bewegen, wirklich erstens zu erkennen, nachzuverfolgen, dann schwingt noch so die Angst mit. Kriege ich das jetzt in dem Tempo hin, wie gerade der Teleprompter läuft? Also es gibt so viele Ablehnungseffekte und dass mein Tipp ist, lasst uns mal vorher üben, geht es vorher durch. Das kann man halt auch mit den eigenen Leuten machen, mit der Unternehmenskommunikation und darüber sich dann eine Situation zu schaffen, wo man dann nicht so ganz einsam ist. Also Leute, die zurückhaltend sind und dann einsam mit sich, ihrer Kamera und dem Mikrofon, das ist eine ungesunde Kombination. Und deshalb, wenn man da Abhilfe schaffen kann, dass also zum Beispiel hinter der Webcam noch jemand steht oder dass man, wenn man schon üben will, das mal mit dem eigenen Smartphone macht, wo man dann probiert, wie gucke ich da rein und man dann feststellt: Oh, das sieht aber ziemlich ernst aus. Dann kann man sich ein paar Dinge merken, zu sagen, die will ich jetzt abstellen.

 

Tobias Göpel: Mach dir Gedanken über die Kernbotschaft, verpacke sie in gute Geschichten, die letztendlich auch emotional die Leute mitnehmen. Und was ich einen guten Tipp finde, den habe ich auch von einem Videotrainer schon an anderer Stelle gehört. Stell dir im Zweifelsfall jemanden hinter die Kamera, dem du es erzählst, sodass es wie ein Zwiegespräch letztendlich ist. Das wirkt dann noch mal anders, als mit starrem Blick in die Kamera zu schauen und seinen Text runter zu beten. Das sind gute Tipps. So, jetzt hat die Person das gesprochen und hat sich auch die Gedanken gemacht, hat Geschichten, Storys mit eingebaut. Wie kann ich meinen Erfolg testen? Hast du da Tipps?

 

Bernhard Messer: Also mein Tipp ist, dass man sich für solche Auftritte auch Handlungsziele setzt. Was sollen die Leute jetzt tun? Und im Gegensatz jetzt zu Influencern im Bereich Beauty oder Yoga. Man muss jetzt hier keine Produkte kaufen, aber eben sich zu beteiligen, mitzumachen und darüber dann auch Diskussionen zu führen, führt in der Konsequenz dazu, dass sich entweder im Chat was tut oder dass sich im Bereich des Intranets Ergebnisse spiegeln, die man ja dann auch wieder aufgreifen kann, solche Diskussionen zusammenzufassen und dann weiterzuführen. Denn das ist ja einer der entscheidenden Aspekte, wenn zunehmend die Menschen hybrid arbeiten. Ich muss ja schon gucken, dass die trotzdem diesen Gemeinschaftssinn erhalten. Und deshalb sind solche Feedback-Aktionen nicht nur dazu da, die eigene Performance zu testen, sondern eben auch, um mitzukriegen, was von den Impulsen ist denn jetzt angekommen und in welcher Weise angekommen?

 

Tobias Göpel: Wenn jetzt ein CEO zuhört, diesen Podcast und sagt - Okay, alles klar, alles super. Aber wie kriege ich das hin mit dem Verdichten von Informationen? Wie kriege ich das hin mit den Geschichten finden, die auf Augenhöhe der Zuschauer oder Zuhörenden sind? Du trainierst ja CEOs. Kannst du so ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern, was so die Main Bullets sind, die häufigsten Fragen oder das, was so am intensivsten trainiert wird bei dir?

 

Bernhard Messer: Also das, was am häufigsten passiert, ist Folgendes, dass das erst mal wir uns quasi unterhalten, um das Thema zu verstehen. Zum Teil sind die hochkomplex. Und wenn wir uns dann ein Interview, das muss nicht lange sein, anhören, dann geht es schon in der Analyse in den ersten Sätzen los, dass mir die Leute dann erklären, was sie eigentlich gemeint haben. Und das ist der eigentliche Schritt zum Erfolg. Alle haben es drauf, dass sie es einfach erklären können. Machen sie ja zu Hause auch. Also nur im Unternehmen hat man dann so eine Art Projektsprech drauf mit allen Fremdwörtern. Es ist allen alles klar. Dadurch wird es total abstrakt. Und wenn ich dann mal nachfrage: Was heißt das denn jetzt hier auf Deutsch? Dann wird es nicht einfacher. Aber wenn man entspannter sitzt ohne Kamera, dann sagt man erstens Das ist so und so und ich sage Ihnen mal ein Beispiel. Und über dieses leicht verstehen passiert dann noch etwas, weil man muss sich ja selber nicht so super konzentrieren, sondern ist viel näher bei seinen Emotionen. Also Beispiele sind ja Emotionen. Und plötzlich fangen die Leute an, die Hände zu bewegen, wo die mich vorher gefragt haben Was mache ich mit denen eigentlich? Und niemand fragt ja normalerweise, ich nehme mal an, an Beerdigung, also schwierige Kommunikationssituation. Was mache ich jetzt mit meinen Händen? Aber wenn die auf einer Bühne stehen, wenn die vor einer Kamera stehen, dann wird plötzlich alles erst mal ungewohnt. Und deshalb in so Sprachmuster auf Sprachebenen zurückzukehren, die wir seit langem beherrschen, bringt viel mehr Emotionen auch in die Personen selber rein. Und dann kann man in den Schritten 2, 3, 4 auch mal die etwas komplexeren Informationen nachschieben. Aber erst einmal braucht das Publikum die Orientierung. Und das mal klarzumachen, der erste Eindruck, der geht innerhalb von wenigen Sekunden, also bis maximal sieben Sekunden. Also das ist auch ein eisernes Gesetz von Influencern. Wer da lange rum redet und dann erst zum Punkt kommt, hat verloren.

 

Tobias Göpel: Das eine ist auf den Punkt kommen. Das andere, was ich aber auch spannend finde, ist die Frage, wie gehe ich mit Informationsflut um? Oder wie sortiere ich das aus? Ein CEO hat in der Regel ein deutlich größeres Lagebild mit mehr detaillierteren Informationen. Und daraus muss er dann gezielt auswählen, was erzähle ich? Auch vor dem Hintergrund, dass da Produktion, Verwaltung und Vertrieb zuhören und jeder eine andere Perspektive auf den Sachverhalt hat? Trainiert ihr sowas auch oder müsste das an einer anderen Stelle letztendlich passieren?

 

Bernhard Messer: Das wird auch trainiert, weil erst mal ist das Selbstverständnis und da kommt ja auch der Ansatz her, sehen Sie zu, dass Sie mehr reden wie Influencer, der Ansatz, den die meisten fahren, ist, dass sie erklären, was machen wir jetzt hier? Und wie geht das? Salopp formuliert sind das so die Erklärbären. Also ich erkläre Ihnen, was wir machen. Das führt tendenziell in die Region der Langeweile. Das ist auch kompliziert. Und es ist anstrengend, so etwas zu formulieren und darzubieten, weil ich muss ja eigentlich immer Spannung erzeugen. Und da gibt es einen ziemlich klugen Menschen, Simon Sineck heißt der, und hat mal vor gut zehn Jahren etwa gesagt, wenn man mal anschaut, wie führen diejenigen, die als inspirierende Menschen gelten, von Steve Jobs bis Barack Obama wird es auch hinkriegen, sagt er, die wirklich erfolgreich sind, die fangen mit dem Warum an. Also warum machen wir etwas? Und für mich als Journalist war das insofern klasse, weil ich mir dann gedacht habe, das ist ja genau die Frage, den Ansatz, den Journalisten ebenfalls fahren.

 

Tobias Göpel: Wir verknüpfen das mal wieder mit den Influencern. Du sagst ja, CEOs, lernt von Influencern. Wir haben ja schon über LinkedIn und Co. Gesprochen. Hast du zwei, drei Tipps von Influencern, wo du sagst, das ist die Richtung, die ich mir vorstelle?

 

Bernhard Messer: In den ersten fünf Sekunden die Aufmerksamkeit erzielen. Das ist das Entscheidende dabei. Das nächste, was solche Influencer machen, was auch deren Tipp ist. Ihr schildert keine Zustände, sondern ihr unterhaltet euch mit eurem Publikum und im Endeffekt unterhaltet ihr euch quasi mit der besten Freundin, mit dem besten Freund. Also sich vorzustellen, ich bin nah an denjenigen, die ich dann vor meinem geistigen Auge habe, so funktioniert ja letztlich auch im Profibereich bis hin zu Fernsehstudios, diese Präsenz, dass man auch ablesen kann vom Teleprompter, ohne dass man scheintot aussieht. Aber im Endeffekt ist es dieses stellt euch vor, ihr unterhaltet euch und wie geht das normalerweise? Also wir beide würden uns treffen und ich würde ja nicht schildern, was habe ich in den letzten zwei Tagen gemacht und dann gehen wir 48 Stunden durch von vorgestern 6 Uhr bis heute, sondern ich fang damit an, was besonders ist, was wichtig war, was dich möglicherweise am meisten interessiert. Und sofort sind wir auf einer ganz anderen Wellenlänge. Also die Beziehung zum Publikum ist das Entscheidende und die ist aber super schwer, diese Beziehung, weil wenn man etwas vorbereitet, ist die Beziehung ja eher ich und mein Bildschirm. Und dann wird es blutleer.

 

Tobias Göpel: Na ja, das stimmt. Wobei den Ansatz hast du vorhin ja schon gesagt mit Homeoffice. Ich glaube, dass auch so eine Möglichkeit der Interaktion, der Kommunikation helfen kann, Beschäftigte, die im Homeoffice sind, emotional stärker an den Betrieb zu binden. Ich stelle es mir aber deutlich einfacher vor bei einem Betrieb von, sagen wir mal, fünf oder 100 Leuten, also mehr im kleineren Bereich, sobald wir in das mittelständische reingehen oder in die größeren Unternehmen rein, also wenn wir bei 1000 Beschäftigten aufwächst, dann uns die Unternehmen angucken, da glaube ich, wird es auch langsam schwieriger. Oder ist das System immer das Gleiche?

 

Bernhard Messer: Das System ist immer das Gleiche. Das Problem ist, also ich habe auch durchaus Führungskräfte aus diesen kleinen Unternehmen. Im Endeffekt geht es die die Technik, mit der sie kommunizieren.   es sind zum Teil auch traurige Veranstaltungen, wenn man dann Vorstände oder Geschäftsführerinnen, Geschäftsführer irgendwo vor eine Kamera setzt und dann müssen die halt da ja ihre Themen kommunizieren, aber wissen nicht so genau Bescheid, was soll ich jetzt hier machen? Vielleicht sitzen die auch zu zweit vor der Kamera, dann wird es doppelt langweilig für die Person, die dann gerade nicht aktiv ist. Also das sind durchaus dann ja schon professionelle Probleme, wo wenn wir dann anfangen und sagen, kann man das nicht in einem Interview machen, wo die dann plötzlich sagen: Ach, das ist ja einfach. Also es ist eher diese Gesprächssituation, die Influencer quasi ohne diese Zwischenstation Moderation hinkriegen müssen. Es gibt auch Techniken, auf der Beziehungsebene zu kommunizieren. Und auch da kann man also ganz gut abgucken, was machen Influencer? Da geht es das, die sagen, stellt euch vor, was ich heute erlebt habe. Oder geht es euch auch so, dass das und das euch schon mal passiert ist? Oder was meint ihr dazu? Oder was bedeutet das jetzt für uns? Also mal eine rhetorische Frage mit einzuklinken. Also diese Techniken, permanent auf der Beziehungsebene stabil zu kommunizieren, die gibt es und die kann man auch einstreuen. Also das ist dann etwas intelligenter als das, was man so in diesen Festtagsreden häufig hört, so sehr geehrte Damen und Herren. Das ist eher so dieses Gestelzte, was bei den jüngeren Leuten in der Belegschaft definitiv nicht mehr ankommt.

 

Tobias Göpel: Interviewsituation finde ich eine gute Idee. Da wäre nur meine Ergänzung dann dazu, dass man sich ganz genau überlegen muss, ob man das inhouse löst aus dem Marketing-Kommunikationsbereich heraus oder ob man sich gegebenenfalls doch jemanden extern dazu holt, eine Moderatorin oder Moderator, ein Interviewpartner halt. Denn ich kann mir vorstellen, dass durch so eine Überordnungs-, Unterordnungssituation, also Chef spricht mit einer Angestellten oder einem Angestellten aus dem Marketingbereich, dass das Potenzial hat, dass es zu gestelzt wird, weil sich ja dann die angestellte Person immer die Frage stellt, ist das jetzt okay und kann ich so etwas spitzfindiger vielleicht reingehen oder wo ist die rote Grenze, die ich nicht über übertreten darf? Ich kann mir vorstellen, dass eine externe Person etwas lockerer ist und damit insgesamt die Situation lockerer wird.

 

Bernhard Messer: Es gibt Argumente für beides. Und das, was ich immer empfehlen würde, dafür sind auch Medientrainings da, dass man Dinge nicht einfach dann live ausprobiert, wenn man vielleicht viele 100 Zuschauerinnen und Zuschauer hat. Aber da gibt es zum Teil verblüffende Ergebnisse, wenn eigene Leute, vielleicht auch jüngere Leute, dann halt mal die Fragen da stellen. Und im Endeffekt haben die Menschen aus dem Kommunikationsbereich, aus dem Marketingbereich schon eine viel genauere Ahnung. Was bewegt jetzt die Menschen in dem Unternehmen als die, die extern eingekauft werden? Und für all die, die eine Unternehmenskommunikation haben, das dann mal auszuprobieren, also zu testen ohne Publikum, das kann sich durchaus lohnen, weil man damit ja auch sehr schicke Konzepte verbinden kann, vorher schon mal Beteiligungseffekte zu erzielen und quasi den gesamten Kommunikationsflow zu organisieren. Und wenn dann Fragen geclustert werden durch Leute aus der Unternehmenskommunikation, dann ist das ja durchaus auch charmant.

 

Tobias Göpel: Bei Ausprobieren bin ich ja immer dabei, vor allen Dingen, wenn die Themen jetzt nicht immer die schönen sind. Also Investition ist ein schönes Thema, da kann man auch das Warum erklären. Aber Anpassung oder Wandel heißt ja Anpassung und auch Strukturwandel. Das heißt Anlagenproduktionen verändern sich, Bekanntes fällt weg, Neues kommt hinzu. Wir haben den Druck der sogenannten Low Cost Countries. Das ist halt alles schwere Kost. Wie kann ich das so kommunizieren, dass der Nutzen für die Belegschaft herausgestellt wird, auch wenn im Zweifelsfall da ein gewisser Personalabbau mit dranhängt?

 

Bernhard Messer: Also zum einen bei Nutzen wäre ich erst mal vorsichtig, weil es manchmal halt keinen Nutzen für die Belegschaft gibt, wenn abgebaut wird. Das Entscheidende für in solchen Situationen ist ja, dass man sich überlegen muss. Wir wollen einen Teil der Belegschaft halten und wir wollen den Teil der Belegschaft halten, die möglicherweise auf dem Arbeitsmarkt einen hohen Wert hat. Also muss ich aufpassen, dass ich mit meiner Kommunikation diejenigen halte, die für das Unternehmen wertvoll sind. Und diejenigen, die bleiben, messen ja auch die Kommunikation, das Managementverhalten. Wie geht das Management mit der Situation mit den Menschen um? Deshalb ist das das A und O für solche Situationen, dass man eine Transparenz erzielt, dass die Leute das Gefühl haben, unser Management geht offen mit uns Das ist insofern schwierig, weil ja viele Fragen da sind, die noch nicht beantwortet werden können. Also deshalb ist das entscheidend, dass die Kommunikation diesen Prozess sauber aufsetzt, dass immer dann, wenn neue Informationen kommen, die auch zügig transportiert werden und dass auch Fragen, die entstehen, nicht im Nirvana landen, sondern gebündelt werden, sodass die Belegschaft das Gefühl hat, wir werden hier in der Situation ernst genommen und sind jetzt nicht nur, sagen wir mal, störende Kostenfaktoren.

 

Tobias Göpel: Lieber Bernhard, wir kommen langsam zum Ende von unserem Gespräch. Wir haben uns jetzt ja, wir überziehen sogar gerade gemütlich. Wir haben uns jetzt viel über Inhalte unterhalten. Darum ging es ja letztendlich auch. Aber ich möchte noch eine letzte Frage der Technik widmen. Influencer sind immer top ausgeleuchtet, haben Top High End Geräte und alles sieht total schnieke und High End aus. Muss das auch ein Unternehmen haben oder was wäre so zum Thema Ausprobieren langsam reinkommen? Was wäre so Basis-Set an Technik, wo du sagst, das sollte man haben?

 

Bernhard Messer: Also gehen wir mal wieder vom Publikum aus. Dem Publikum ist ja völlig egal, was da gerade auf dem Bildschirm passiert. Ob das jetzt ein Influencer ist, ob das eine Fernsehshow ist oder ob das ein Town Hall Meeting ist. Und das mal hart zu formulieren, wenn dann die Führungscrew mit einem schlechten Ton rüberkommt, dann ist das einfach mangelnde Wertschätzung. Beim Bild kann es schon mal sein, dass man Abstriche machen muss. Aber im Endeffekt sind viele Unternehmen so ausgestattet, dass es ja nicht die billigste Webcam sein muss. Und deshalb ein vernünftiges Bild, ordentlich ausgeleuchtet, halbwegs scharf und ruckelfrei. Das sind Sachen, die ja heute durchaus normal sein können. Aber das muss man vorher mal durchspielen und das kriegt man mit Bordmitteln ja auch mit wenigen 100 Euro hin. Also im Endeffekt sind das nicht die Kostenfaktoren, die ein Unternehmen auch nur halbwegs in finanzielle Schieflage bringen. Man muss es nur tun, man muss sich drum kümmern.

 

Tobias Göpel: Ja, dann hoffe ich, dass unser Ton heute gepasst hat. Liebe Bernhard, vielen Dank bis hierher.

 

Bernhard Messer: Ja, gerne. Danke für die Fragen.

 

Tobias Göpel: Gerne. Zum Abschied und da bleiben wir wieder beim Ton. Bitte ich dich auch ein oder zwei Titel für meine Wir.Hear. Playlist. Also bei welchen Songs kannst du am besten entspannen? Oder welche Titel hörst du, wenn ein Projekt richtig gut gelaufen ist?

 

Bernhard Messer: Also meistens höre ich Musik, wenn ich ins Autos steige und dann zusehen muss, dass ich wach bleibe. Deshalb habe ich mir ausgesucht von Tiesto,  „Lay low“ und von Robin Schulz, „Sweet Goodbye“. Also zwei so gute Launen-Lieder, finde ich, passen auch zu unserem Thema hier.

 

Tobias Göpel: Ja, dann vielen Dank und ein gute Laune Gruß zu dir ans andere Ende.

 

Bernhard Messer: Tobias. Vielen Dank.

 

Tobias Göpel: Liebe Zuhörende, das war eine weitere Folge von Wir hier. Zu Gast war Bernhard Messer, Medientrainer aus Düsseldorf. Wir haben darüber gesprochen, was Sie aus von Influencern lernen können. Wenn Sie Fragen, Hinweise oder sogar Lob haben, dann melden Sie mir an podcast@wir-hier.de. Vielen Dank und bis bald, Ihr Tobias Göpel.

  • Like
  • PDF

Das könnte Sie auch interessieren

Newsletter