Deutschland als größte europäische Volkswirtschaft leidet unter massiven Standortproblemen – und ein Ende der Krise in der Chemie- und Pharmaindustrie ist nicht in Sicht. Es sei wichtig, dass die Politik jetzt schnell die Rahmenbedingungen für die Branche verbessert, heißt es beim Verband der Chemischen Industrie (VCI). Die kommenden sechs Monate sieht der Verband als entscheidend, um durch Entlastungen und Systemkorrekturen eine Kehrtwende zu erreichen.
Das sind aus Sicht des VCI die vier wichtigsten Themen, mit denen sich die Politik auseinandersetzen muss:
Sofortige Entlastung bei den Stromkosten
Am Standort Deutschland haben die Unternehmen weiterhin viel höhere Stromkosten als ihre Wettbewerber zum Beispiel in den USA und China.
Die Unternehmen brauchen sofort Erleichterungen durch eine Strompreiskompensation und einen Industriestrompreis, fordert der VCI. Die Netzentgelte sind ein erheblicher Kostenfaktor, der zusätzlichen Investitionsdruck erzeugt. Es dürfe keine weiteren Belastungen geben.
Reform des EU-Emissionshandels
Der europäische Emissionshandel ist seit 2005 das zentrale Instrument der EU, um Anreize für Klimaschutzmaßnahmen der Industrie zu schaffen. Der Emissionshandel wird für die Unternehmen aber immer schwieriger und teurer – was dazu führen kann, dass Unternehmen ihre Produktion in andere Regionen verlagern („carbon leakage“). Dadurch kann die Transformation der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Europa erlahmen. Deshalb brauche der EU-Emissionshandel ein Update, so der VCI.
Entschlackung von EU-Richtlinien mit maximalem Tempo
Die EU arbeitet derzeit an einem Gesetzespaket, das mehrere Richtlinien zur Nachhaltigkeit, Unternehmensverantwortung und Klimaberichterstattung zusammenfasst und vereinfacht („Umwelt-Omnibus“). Bis Ende 2025 soll der Vorschlag der EU-Kommission vorliegen. Der VCI hat sich hier mit 30 konkreten Forderungen eingebraucht – unter anderem zur Industrieemissionsrichtlinie, zur Kommunalabwasserrichtlinie, zur entwaldungsfreien Lieferkette und zur Ökodesign-Verordnung. Und der Verband hat die Bundesregierung aufgefordert, sich in Brüssel mit aller Vehemenz für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts einzusetzen.
REACH-Vereinfachung ohne Gesetzesöffnung
Die EU-Kommission plant, die EU-Chemikalienverordnung REACH zu überarbeiten. Der VCI aber warnt davor, die Verordnung weiter zu verschärfen und mit zusätzlichen bürokratischen Pflichten zu verbinden. Sie soll vielmehr vereinfacht werden.
VCI-Präsident Markus Steilemann mahnt zur Eile: „Zögern ist keine Option mehr“, sagte er. „Strukturelle Reformen sind überfällig. Die Zeit drängt.“