Die Geochemie liefert neue Schlüssel zum Erdklima
Im Zentrum einer neuen Studie steht eine Entwicklung aus der geochemischen Forschung der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) Mainz und ihrer Kooperationspartner: Die sogenannte Triple-Sauerstoffisotopenanalyse ermöglicht es erstmals, den Zahnschmelz fossiler Wirbeltiere präzise auszuwerten. Zahnschmelz ist eines der stabilsten biologischen Materialien. Er enthält verschiedene Isotope des Sauerstoffs, den ein Dinosaurier mit der Luft eingeatmet hat. Das Verhältnis der Isotope im Sauerstoff reagiert auf Veränderungen des Atmosphären-Kohlenstoffdioxids und der Photosynthese-Aktivität der Pflanzen. Dieser Zusammenhang ermöglicht Rückschlüsse auf das Klima und die Vegetation im Zeitalter der Dinosaurier.
Dieser Erkenntnisfortschritt gelang in enger Zusammenarbeit mit der Universität Göttingen und der Ruhr-Universität Bochum. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht. Die Göttinger Geochemikerin Dingsu Feng und Erstautorin bezeichnete Dinosaurier als Klimawissenschaftler: „Ihre Zähne haben vor über 150 Millionen Jahren das Klima protokolliert – jetzt hören wir endlich hin.“
Mehr CO₂, mehr Pflanzenkraft – ein anderes Klima
Die Forschenden analysierten Dinosaurierzähne aus Europa, Nordamerika und Afrika und fanden heraus: In der Zeit des späten Jura (vor ca. 150 Millionen Jahren) und der späten Kreidezeit (vor ca. 70 Millionen Jahren) war der CO₂-Gehalt der Luft vier- beziehungsweise viermal höher als vor der Industrialisierung. Gleichzeitig war die Photosyntheseleistung der Pflanzen doppelt so hoch wie heute. Dies hat vermutlich zu dem damals dynamischen Klima beigetragen.
Zahnfossilien geben auch Aufschluss über die Urzeit-Tierwelt
Bisherige Klimarekonstruktionen basierten überwiegend auf Bodenkarbonaten und Daten aus dem Meer, die mit Unsicherheiten behaftet sind. Die neue Methode nimmt nun erstmals landlebende Wirbeltiere ins Visier und liefert wesentlich robustere Aussagen zur damaligen Atmosphäre. Professor Thomas Tütken, Paläontologe an der JGU, betonte, die Analyse der drei Sauerstoffisotope im Zahnschmelz erlaube ein besseres Verständnis der Dinosaurier, „kann aber auch für andere Wirbeltiere genauso angewendet werden.“
Pflanzenleistung und Ökosysteme im Fokus
Auch die JGU-Professorin für Evolutionäre Ökologie Eva M. Griebeler hob hervor, wie wichtig die gewonnenen Daten sind: Die damalige Pflanzenproduktivität sei entscheidend, um Nahrungsnetze zu verstehen – sowohl im Meer als auch an Land. „Unsere Methode gibt uns einen völlig neuen Blick auf die Vergangenheit der Erde“, ergänzte Dingsu Feng.