Das Wichtigste in Kürze:
- Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hat in Berlin bei seinem jährlichen Chemie und Pharma Summit mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft die Lage der Branche beleuchtet.
- Viele Betriebe leiden unter einer massiven Standortkrise wegen hoher Kosten und Bürokratie. Die im Koalitionsvertrag angekündigte Chemieagenda 2045 müsse schnell für mehr Wettbewerbsfähigkeit sorgen.
- Mit Visionen für 2045 sei allerdings keinem Betrieb geholfen, so der VCI – entscheidend sei, dass in den nächsten zwölf Monaten spürbare Entlastungen an den Werkstoren ankommen.
In Deutschland droht das dritte Rezessionsjahr in Folge. Und Zukunftssorgen sind in immer mehr Unternehmen der chemischen und pharmazeutischen Industrie ein Thema. „Wir sind nominell noch die drittgrößte Volkswirtschaft, tatsächlich aber längst Schlusslicht beim Wachstum unter den großen Industrienationen“, verdeutlichte VCI-Präsident Markus Steilemann.
Konkurrenz in anderen Ländern kann viel günstiger produzieren
Bundeskanzler Friedrich Merz sprach in seiner Rede unter anderem den Kostendruck an: „Konkurrenten aus aller Welt, vor allem in den USA und in Asien, können im Augenblick zu deutlich günstigeren Konditionen produzieren als in Deutschland.“ Den Standort wieder wettbewerbsfähiger zu machen, gehe aber nicht über Nacht. Erste Schritte habe die Bundesregierung umgesetzt, sie arbeite auf Hochtouren daran, die Industrie zu stärken.
Keine der wichtigsten Schlüsseltechnologien kommt ohne die Chemie aus
Auch Bundesforschungsministerin Dorothee Bär betonte, dass die Bundesregierung die Branche im Blick habe. Ziel der Chemieagenda 2024 sei, dass Deutschland zum innovativsten Standort für Chemie, Pharma und Biotechnologie werde.
Keine der wichtigsten Schlüsseltechnologien komme schließlich ohne die Chemie aus: „Schnellere Computerchips, leistungsstärkere Batterien, bessere Medizinprodukte, umweltfreundlichere Energie – das geht alles nur mit Innovationen aus der Chemie.“
Betriebe kämpfen mit Problemen auf den Absatzmärkten
VCI-Präsident Steilemann schilderte, die chemische Industrie stemme sich mit Macht gegen die derzeitigen Verwerfungen auf den internationalen Absatzmärkten, „weil alle Industrien, die wir beliefern, zurzeit in sehr schwierigem Fahrwasser sind“.
Daher bräuchten die Betriebe dringend kurzfristige Erleichterungen, vor allem bei Energie und Steuern. Die bisherigen Maßnahmen der Regierung reichten nicht aus. Die Auslastung der Branche sei historisch niedrig, die Industrie stehe am Abgrund.
Als weitere Großbaustelle nannte Steilemann die europäische Regulierung. „Industrieemissionsrichtlinie, Emissionshandel, Abwasserrichtlinie, Kreislaufwirtschaft oder das avisierte Chemikalienpaket – all das droht zum Innovationskiller zu werden.“ Hier müsse die Bundesregierung für einen Befreiungsschlag sorgen.
Für die Unternehmen drängt die Zeit
Die Zeit drängt, betonte auch Markus Kamieth, Vorstandsvorsitzender der BASF SE, dem größten Chemieunternehmen der Welt mit Hauptsitz in Ludwigshafen. Im Koalitionsvertrag stehe die Chemieagenda 2045 – „ich hätte gerne eine Chemie-Agenda 2026.“ Denn wenn es auch im kommenden Jahr wieder misslinge, die Industrie zu entlasten, brauche man sich über 2045 gar nicht erst zu unterhalten.