Aktuelles Gesetzesvorhaben geht weiter
Diese Woche befasst sich der Bundestag mit einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes. Um internationale Klimaziele wie im Paris-Übereinkommen von 2015 zu erreichen, soll die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid (CO2) sowie der Aufbau eines CO2-Pipelinenetzes in Deutschland erlaubt werden.
Das Bundeskabinett hatte im August den Entwurf von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) für ein Kohlendioxid-Speicherungsgesetz auf den Weg gebracht. Es würde erstmals die Nutzung von CO2-Endlagern zu industriellen Zwecken erlauben. Auch für Gaskraftwerke soll die Abscheidung und Speicherung (Carbon Dioxide Capture and Storage, CCS) von CO2 möglich sein.
Dem Entwurf zufolge sollen Errichtung und Betrieb von CO2-Speichern und Pipelines „überragendes öffentliches Interesse“ erhalten. Diese Einstufung erleichtert Planungs- und Genehmigungsverfahren, ähnlich wie bei erneuerbaren Energien.
Die schwarz-rote Koalition bringt damit einen einen Gesetzentwurf voran, den die Ampel-Koalition nicht mehr verabschieden konnte. Der jetzige Entwurf geht aber weiter. Er sieht die Speicherung zu Forschungs- und Demonstrationszwecken und auch im kommerziellen Maßstab vor.
So funktioniert CCS
Im Gesetzentwurf heißt es, zum Erreichen der Klimaneutralität seien „Technologien zur Abscheidung, zum Transport und zur dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid in tiefen geologischen Gesteinsschichten (...) unverzichtbar“. Dies bezieht sich auf bestimmte Industrieprozesse, die sich kaum ohne Kohlendioxidemissionen gestalten lassen.
Bei der CCS wird CO2 direkt an Industrieanlagen abgeschieden, damit es nicht in die Atmosphäre entweichen kann. Dann gelangt es per Pipeline oder Schiff zu einer geeigneten geologischen Formation. Darin soll es dauerhaft unterirdisch verbleiben. Die Speicherung ist im Offshore-Bereich vorgesehen. Eine Speicherung an Land bleibt auf Bundesebene grundsätzlich verboten. Die Bundesländer können per Landesgesetz die CO2-Speicherung auf ihrem Gebiet aber erlauben.
VCI begrüßt den neuen Entwurf
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI), verlangt bereits seit längerem,
- dass das CO2-Pipeline-Netz schneller genehmigt und staatlich gefördert wird und
- die Speichertechnologien möglichst ab Anfang der 2030er-Jahre einsetzbar sind.
Nun, vor der ersten Bundestagslesung des Gesetzentwurfs, bekräftigte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup: „Das parlamentarische Verfahren muss jetzt zügig zum Abschluss gebracht werden.“ Der Industrie stehe „das Wasser bis zum Hals, und wir leisten es uns, elementare Technologien zum Klimaschutz im politischen Klein-Klein zu blockieren“.
Weltklimarat IPCC betrachtet das Abscheiden und Speichern als einen notwendigen Weg, CO2 zu mindern und die Klimaziele zu verwirklichen. „Auch die Chemie benötigt diese Technologie zur Emissionsreduktion“, sagte Große Entrup. „Darüber hinaus können wir zukünftig mit der stofflichen Nutzung von CO2 (CCU) einen Teil der fossilen Rohstoffbasis ersetzen.“
Darum braucht die Chemie die Abscheidung und Nutzung von Kohlendioxid
Viele Produkte der chemisch-pharmazeutischen Industrie werden auch nach der Transformation zur Klimaneutralität Kohlenstoff als Element enthalten, argumentiert der VCI. Statt aus fossilen Quellen wie Erdöl soll dieser künftig aus Biomasse, recycelten Kunststoffabfällen sowie abgeschiedenem CO2 stammen.
Indes: „Die Umstellung der fossilen Rohstoffbasis kann nur schrittweise erfolgen. Für schnellere Fortschritte bei der Emissionsreduktion und um in der Übergangsphase konkurrenzfähig bleiben zu können, benötigt die Chemie auch Zugang zu CCS“, erläuterte Große-Entrup. „Der fossile Rohstoffanteil wird dann abnehmen, wenn die Voraussetzungen für klimaneutrale Produktionsprozesse gegeben sind.“
Kritik von DIHK und vom Bundesverband Erneuerbarer Energien
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) kritisierte der Agentur Reuters zufolge vor allem die fehlende staatliche Absicherung bei der Finanzierung der CO2-Transportinfrastruktur. Die DIHK könne nicht nachvollziehen, warum der CCS-Einsatz auf Gas- und Biomassekraftwerke beschränkt sei und Kohlekraftwerke ausgenommen würden. Die geplante Länderregelung behindere den Aufbau, da sie die günstigere Speicherung an Land erschwere und eine bundesweite Planung einschränke.
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) forderte hingegen eine strikte Begrenzung auf unvermeidbare Industrie-Emissionen und die Bioenergie. Die Technologie dürfe keinesfalls zu neuen fossilen Abhängigkeiten führen. Insbesondere der kostenträchtige Einsatz an Gaskraftwerken stelle keine sinnvolle Option für ein modernes Stromsystem dar. Stattdessen müssten die Investitionen in den Ausbau der Erneuerbaren Energien, Speicher und eine intelligente Infrastruktur gelenkt werden.