Politik & Wirtschaft

Sollten wir die Zusammenarbeit mit China reduzieren?

· Lesezeit 3 Minuten.
Container mit China-Flagge. Mike_Mareen - stockadobe.com
Transport-Container: Bei vielen Gütern ist Europa von China abhängig. Foto: Mike_Mareen - stockadobe.com

 

 

PRO

 

"Es ist höchste Zeit, die Abhängigkeiten von China zu verringern. Diversifizierung ist das Schlagwort der Zeit."

 

Anders als einige deutsche Firmen ist die deutsche Volkswirtschaft insgesamt auf der Export- und Absatzseite nur begrenzt abhängig von China. Nur rund 3 Prozent der hiesigen Arbeitsplätze hängen am Export nach China, das zuletzt auf Rang vier der wichtigsten Exportpartner abgerutscht ist. Auf der Importseite sieht es anders aus: China ist hier unser wichtigster Lieferant. Bei vielen Gütern bestehen kritische Abhängigkeiten, etwa bei Rohstoffen wie Magnesium und seltenen Erden, aber auch bei Grundstoffen für Medikamente und chemische Anwendungen.

 

Das Problem dabei: Diese importseitige Abhängigkeit und auch die Abhängigkeit einiger großer deutscher Firmen vom Absatz in China kann die Volksrepublik ausnutzen. Deren Umgang mit Australien, Japan und Litauen zeigt, dass sie vor willkürlichen Handelssanktionen nicht zurückschreckt, auch wenn sie damit internationales Handelsrecht bricht. Relevant ist das vor allem mit Blick auf die zuletzt immer weiter wachsende Sorge, dass China Taiwan annektieren könnte. Dann würden die USA Deutschland sehr wahrscheinlich unter Druck setzen, damit der Westen gemeinschaftlich mit umfangreichen Sanktionen reagiert. China könnte uns als Gegenreaktion über Nacht von der Versorgung mit wichtigen kritischen Gütern abschneiden. Der wirtschaftliche Schaden wäre entsprechend groß.

 

Es ist also höchste Zeit, die Abhängigkeiten von China zu verringern und den Außenhandel breiter aufzustellen. Diversifizierung ist das Schlagwort der Zeit. Die Entwicklung im ersten Halbjahr 2022 ging allerdings mit Volldampf in die falsche Richtung. Die Importe aus China, aber auch die Neuinvestitionen deutscher Firmen dort sind auf Rekordwerte gestiegen. Andererseits gibt es durchaus Bekundungen von Firmen, sich in ihren Lieferketten weniger abhängig machen zu wollen. Es bleibt abzuwarten, ob die Unternehmen sich von China als Lieferant wirklich loseisen können, wenn das Preis-Leistungs-Verhältnis anderswo deutlich schlechter ist. Die Politik muss die Diversifizierung der Firmen flankieren – durch neue Freihandelsabkommen mit anderen asiatischen Staaten und Lateinamerika, aber auch mit umfangreicher Export- und Ansiedelungsförderung in diesen Staaten.

 

 

 

CONTRA

 

"China macht technologisch rasante Fortschritte. Gerade für die Chemiebranche ist das Land ein wichtiger Wachstumsmarkt."

 

Die deutschen Unternehmen sind darauf angewiesen, dass die Geschäftsbeziehungen zu China weiterhin eng bleiben. Die Volksrepublik ist hochdynamisch und macht technologisch rasante Fortschritte, auf die unsere Industrie nicht verzichten kann. In vielen Bereichen ist die chinesische Forschung mit an der Spitze, etwa bei künstlicher Intelligenz oder Batterietechnologie. Gerade für die Chemiebranche ist das Land ein wichtiger Wachstumsmarkt. Schon jetzt macht er einen großen Teil des Weltmarkts aus. Mit einem Verlust des Chinageschäfts würde den Unternehmen erhebliches Wachstums- und Innovationspotenzial fehlen. Auch Arbeitsplätze und die Sicherung des Lebensunterhalts vieler Menschen in Deutschland sind vom Chinageschäft abhängig. 

 

Zudem sind die Wertschöpfungsketten heimischer Unternehmen bereits stark auf China ausgerichtet. Viele Herstellungsprozesse, gerade in der Chemie- und Elektronikindustrie, funktionieren nicht ohne Zulieferungen aus der Volksrepublik. Es geht um eine Vielzahl von Produkten – von einfachen Vorprodukten über Mikrochips bis zu Hightech-Gütern. Für die bestehenden kritischen Abhängigkeiten gibt es teils keine Alternativen. Eine Eskalation in der Beziehung zu China könnte unserer Industrie also massiv schaden. Das wäre dramatisch, auch weil die Perspektiven der Chemieindustrie in Deutschland sich in den vergangenen Monaten verschlechtert haben. Die gestiegenen Kosten für Energie, Rohstoffe und Vorprodukte belasten die Unternehmen enorm. Europa verliert in mehrerer Hinsicht an Wettbewerbsfähigkeit. Für viele Betriebe könnte die Abwanderung nach China und in die USA attraktiver werden. Die Situation sollte nicht durch eine Ausgrenzung Chinas verschlimmert werden. 

 

Nicht zuletzt geht es auch um gemeinsame Interessen und globale öffentliche Güter, die weltweit nutzbar sind. Das Klima zum Beispiel lässt sich nur zusammen mit China retten. Kooperation über gemeinsamen Handel ist deshalb umso wichtiger. Denn er schafft auch eine Basis für konstruktive Zusammen- arbeit in Klimafragen.

 

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