Politik & Wirtschaft

Was die Chemieindustrie schultern muss

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Was die Chemieindustrie schultern muss
Ziemliche Last: Vor diesen Herausforderungen steht die Chemiebranche in Rheinland-Pfalz vor der Bundestagswahl. Illustration: Lena Wolf.

Die Welt ändert sich immer schneller und teils grundlegend. Umwelt, Gesundheit, Ernährung und Mobilität sind Megatrends, für die es auch die Chemieindustrie braucht. Die Digitalisierung schafft Möglichkeiten, die bis vor Kurzem nicht vorstellbar waren. Gleichzeitig gibt es zunehmende Regulierungen im Chemikalienrecht, die zusätzliche Herausforderungen für die Unternehmen darstellen.

Der Weg in die Zukunft ist also voller Herausforderungen, zumal überbordende Bürokratie und komplizierte Genehmigungsverfahren schnelle Innovationen behindern. Dazu kommen Fachkräftemangel, knappe Rohstoffe und harter Wettbewerbsdruck. Dass Deutschland weltweit in Sachen Energiepreise und Löhne zu den Spitzenreitern gehört, macht es nicht einfacher. Ein wirklich harter Brocken ist außerdem der Green Deal der EU: Ganz Europa soll bis 2050 klimaneutral werden.

Deutschland setzt sich schon für 2045 das Ziel: Verkehr, Gebäude, Geschäfte, Industriebetriebe und Landwirtschaft sollen netto kein Klimagas mehr ausstoßen. Das bedeutet: Von 739 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen im Jahr 2020 müssen wir bis dahin auf null runter, durch Einsparen und Ausgleichen. Das erfordert gewaltige Anstrengungen auch in der Wirtschaft. Allein die Chemieindustrie wird dafür in den nächsten Jahrzehnten 45 Milliarden Euro zusätzlich investieren: Sie muss energie­intensive Prozesse von fossilen Brennstoffen auf Ökostrom umstellen, neue Verfahren entwickeln, Kraftwerke ersetzen. Riesige Mengen Grünstrom und neue Stromtrassen müssen her.

Die Forderungen nach geschlossenen Kreisläufen vom Rohstoff bis zur Wiederverwertung, mehr Klimaschutz und Ressourcenschonung bedeuten neue Ansprüche an das Produktdesign und erfordern innovative Technologien. Es reicht nicht, einfach einen Schalter umzulegen: Es müssen komplexe Anlagen in der stromintensiven Chemiebranche umgestellt oder neu gedacht werden. Viele Unternehmen packen das jetzt schon an: in Laboren und Versuchsanlagen wird an neuen CO2-armen Produktionsverfahren geforscht. Die Methanpyrolyse zur Herstellung von Wasserstoff steht dabei besonders im Fokus.

Fest steht: Um die Probleme der Zukunft zu lösen, brauchen wir mehr, nicht weniger Chemie. Denn sie sichert die Umwelt, unseren Wohlstand und unsere Arbeitsplätze.

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Katherina Reiche, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie.

Energiewende ja, aber anders
Wirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche will den Ausbau erneuerbarer Energien und die Kosteneffizienz neu ausbalancieren. Betreiber von Ökostrom-Anlagen sollen sich Ihrer Meinung nach künftig an der Finanzierung des Netzausbaus beteiligen.
Wie die Frankfurter Neue Presse meldete, möchte Reiche Ende des Sommers einen „Realitätscheck“ zur Energiewende vorlegen. „Wir brauchen zwingend mehr Steuerbarkeit, um die Volatilität der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien ausgleichen zu können“, sagte sie demnach. „Auch Speicher spielen zum Ausgleich eine Rolle. Sie sind Teil der Lösung, aber reichen allein nicht aus. Wir werden uns die Ergebnisse genau anschauen, und dann werden wir die notwendigen Schlüsse daraus ziehen.“ 
Der Ausbau der Stromnetze geschieht zu langsam
Reiches Vorgänger Robert Habeck (Grüne) hatte mit verschiedenen Maßnahmen den Ausbau des Ökostroms vor allem aus Wind und Sonne vorangetrieben. Die erneuerbaren Energien sollen eine Schlüsselrolle spielen, damit Klimaziele erreicht werden. Der Ausbau der Stromnetze hält aber nicht Schritt. Wegen fehlender Netze müssen erneuerbare Anlagen immer wieder gedrosselt werden. Ausgleichsmaßnahmen gegen Netzengpässe kosten Geld. Um den vor allem im Norden produzierten Windstrom in den Süden zu leiten, sind zusätzliche Stromleitungen erforderlich. Ein Großteil ist aber noch nicht fertig.
Mehr Kosteneffizienz als Ziel
Mit Blick auf geplante Entlastungen der Stromkunden bei den Netzentgelten, mit denen unter anderem der Netzausbau finanziert wird, sagte die Ministerin: Momentan würden Kosten vom Stromkunden in die öffentlichen Haushalte und damit auf den Steuerzahler verschoben. „Wir lösen damit nicht das grundlegende Problem. Die Entlastungen bei der Stromsteuer, die Abschaffung der Gasspeicherumlage, die teilweise Übernahme der Netzkosten und die Übernahme der schon länger in den Haushalt verlagerten EEG-Kosten machen zusammen rund 30 Milliarden Euro aus.“ Die Energiewende müsse kosteneffizienter werden. „Und das geht auch.“
Zweifel am prognostizierten Stromverbrauch
Eine wesentliche Kenngröße sei der prognostizierte Stromverbrauch, sagte Reiche. „Die letzte Regierung hat angenommen, dass der Stromverbrauch schon 2030 auf bis zu 750 Terawattstunden steigt, bis 2035 gibt es Prognosen von 1.000 Terawattstunden.“ Das wäre eine Steigerung von fast 50 Prozent innerhalb weniger Jahre. „Seriöse Studien zweifeln, ob diese Steigerungen der Realität standhalten. Wir werden eine deutliche Zunahme der Elektrifizierung sehen, insbesondere im Bereich der Wärmepumpen, der Elektromobilität, der Digitalisierung. Ob in den von der Ampel angenommenen Größenordnungen, darf bezweifelt werden.“
Ökostrom-Betreiber sollen sich an Kosten für Netzausbau beteiligen
Betreiber von Anlagen erneuerbarer Energien müssten mehr Systemverantwortung übernehmen, meint Reiche. Sie sollten sich an der Finanzierung des Netzausbaus beteiligen. „Systemverantwortung heißt, dass die Kosten für den Netzausbau nicht mehr nur über die Netzbetreiber und die allgemeinen Netzentgelte von den Stromkunden zu bezahlen sind“, sagte Reiche. Die Kosten für den Netzausbau liegen bisher voll beim Netzbetreiber und werden über die Netzentgelte von den Stromkunden bezahlt.

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