Politik & Wirtschaft

Familienunternehmen prägen die Unternehmenslandschaft

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Familie Boehringer in der Kaiserzeit
Familie Boehringer in der Kaiserzeit. Foto: Boehringer.:Familie Boehringer in der Kaiserzeit

Ein strenges Foto der Unternehmerfamilie Boehringer aus der Kaiserzeit, ein Unternehmerporträt aus den frühen Jahren der Bundesrepublik und eines von heute – sie stehen für das, was Familienunternehmen ausmacht: langfristig wirtschaften, in Generationen denken, so handeln, dass auch noch die Enkel profitieren. Das machte aus einer kleinen Fabrik für Milchsäure den globalen Pharmakonzern Boehringer Ingelheim, wandelte den jungen Produzenten von Kunststofffolien Renolit in ein marktführendes Unternehmen und treibt den Hersteller von Reinigungsmitteln Werner & Mertz zu enormem Engagement für Nachhaltigkeit.

Familienunternehmen sind oft Jobmotoren, wie eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW zeigt: Die Top-500-Familienfirmen haben die Anzahl ihrer Beschäftigten von 2007 bis 2016 um 23 Prozent auf 2,5 Millionen, die Umsätze um 36 Prozent gesteigert. Damit hängten sie jene 27 Dax-Unternehmen ab, die keine Familienfirmen sind. Die kamen auf 4 sowie 29 Prozent Plus.

Gute Arbeitsatmosphäre und flache Hierarchien

Und noch etwas zeichnet Familienbetriebe aus: Ihnen werden eine gute Arbeitsatmosphäre, flache Hierarchien, tolle Karrieremöglichkeiten und hohe Innovationskraft zugeschrieben. Damit haben Henkel, Bosch, Würth und Co. im In- und Ausland Erfolg.

Wie Boehringer Ingelheim. Das Pharmaunternehmen hat heute 50.000 Mitarbeiter und gehört zu den 20 führenden Konzernen der Branche. Auch dank des Arbeitsklimas. „Wir wollen eine Kultur fördern, in der sich unsere Mitarbeiter von Anfang an willkommen und zu Hause fühlen – egal woher sie kommen“, sagt Christian Boehringer, der als Vorsitzender des Gesellschafterausschusses über die Geschicke des Unternehmens wacht. Zum sechsten Mal in Folge hat der Zertifizierer Top Employers Institute den Pharmakonzern auf die Liste der Top-Arbeitgeber gehoben. Wiederholt ausgezeichnet wurde Boehringer auch in China, Taiwan, Brasilien, Spanien, Italien und Polen.

Christian Boehringer ist Vorsitzender des Gesellschafterausschusses.
Christian Boehringer. Foto: Boehringer.

„Vom Gesellschafter bis zum Auszubildenden duzen wir uns“

Oft gehören Familienunternehmen zu den Hidden Champions, die in einem bestimmten Segment global zu den Marktführern zählen. 1.300 dieser weltweit 2.700 Champions haben ihren Sitz in Deutschland. Wie die 1946 von Jakob Müller in Worms gegründete Renolit. Ihre heute über 4.700 Mitarbeiter fertigen Folien und Platten aus Kunststoff, selbst in China.

Jakob Müller gründete Renolit im Jahr 1946.
Renolit-Gründer Jakob Müller. Foto: Renolit.

„Wir möchten Mehrwert generieren, als Spezialist für hochwertige Produkte und als Arbeitgeber“, sagt Sandra Gerber, Leiterin der Unternehmenskommunikation. Zufriedene Mitarbeiter seien „Fundament unseres Erfolgs“. Das weiß die Belegschaft zu schätzen: Hierzulande sind 40 Prozent der Beschäftigten zwischen 16 und 30 Jahre im Unternehmen.

Bei Rhodius Mineralquellen in Burgbrohl setzt die Unternehmerfamilie auf eine besondere Kultur: „Vom geschäftsführenden Gesellschafter bis zum Auszubildenden duzen wir uns“, sagt Pressesprecherin Lisa Etchemendy, aber niemand müsse das. Die Familienfirma punktet zudem mit 7 Prozent Azubi-Quote, wöchentlicher Fitnessstunde und Kinderferienbetreuung.

Schließlich können Familienunternehmen Megatrends wie Nachhaltigkeit anders vorantreiben. So auch Reinhard Schneider, in vierter Familiengeneration Chef bei Werner & Mertz in Mainz: Sein Unternehmen, das etwa die „Frosch“-Reinigungs- und -Pflegemittel herstellt, hat schon früh auf natürliche Wirkstoffe gesetzt und fertigt Flaschen heute aus Recyclingkunststoff.

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Energiewende ja, aber anders
Wirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche will den Ausbau erneuerbarer Energien und die Kosteneffizienz neu ausbalancieren. Betreiber von Ökostrom-Anlagen sollen sich Ihrer Meinung nach künftig an der Finanzierung des Netzausbaus beteiligen.
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Eine wesentliche Kenngröße sei der prognostizierte Stromverbrauch, sagte Reiche. „Die letzte Regierung hat angenommen, dass der Stromverbrauch schon 2030 auf bis zu 750 Terawattstunden steigt, bis 2035 gibt es Prognosen von 1.000 Terawattstunden.“ Das wäre eine Steigerung von fast 50 Prozent innerhalb weniger Jahre. „Seriöse Studien zweifeln, ob diese Steigerungen der Realität standhalten. Wir werden eine deutliche Zunahme der Elektrifizierung sehen, insbesondere im Bereich der Wärmepumpen, der Elektromobilität, der Digitalisierung. Ob in den von der Ampel angenommenen Größenordnungen, darf bezweifelt werden.“
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