Politik & Wirtschaft

Brexit: Das Schlimmste verhindert

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Eine neue Zeit ist angebrochen: Seit dem 1. Januar regelt ein Freihandelsabkommen die wirtschaftliche Zusammenarbeit von Großbritannien und Europäischer Union. Buchstäblich in letzter Sekunde hatten sich Premierminister Boris Johnson und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an Heiligabend auf den 1.246-Seiten-Vertrag geeinigt.

Ein wichtiger Pakt für die Zukunft, aber viele Fragen sind noch offen

„Die Einigung im Fotofinish hat das Schlimmste verhindert“, sagt Wolfgang Große Entrup, der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie, mit Blick auf den befürchteten harten Brexit. Die wirtschaftlichen Konsequenzen von Zöllen wären in Zeiten von Corona und sich ändernden Weltmärkten verheerend. „Auch wenn noch viele Fragen offen sind: Brüssel und London haben einen wichtigen Pakt für die Zukunft geschlossen.“ Aber einiges wird auch schwieriger im Handel. Was der derzeit vorläufig geltende Vertrag für die Betriebe bedeutet, lesen Sie hier.

Handel: Großbritannien verlässt nun Binnenmarkt und Zollunion. Doch gibt es an den Grenzen zur EU keine Zölle und keine Mengenlimits. Autos, Chemikalien oder Käse können zollfrei und in beliebiger Menge gehandelt werden. Ohne den Vertrag wären auf einzelne Chemikalien bis zu 6,5 Prozent Zoll fällig gewesen. Aber: Im- und Exporteure müssen jetzt Warenanmeldungspapiere ausfüllen, und es wird Kontrollen geben.

Chemikalien können weiterhin nahezu zollfrei gehandelt werden

Ursprungsregeln: Großbritannien ist für die Europäische Union nun ein Drittstaat. Es kann Freihandelsverträge mit den USA oder China abschließen und dann Waren von dort zollfrei einführen. An der Grenze zur EU muss deshalb kontrolliert werden, ob Produkte tatsächlich aus Großbritannien kommen oder – umgekehrt – aus der EU. Eingestuft wird das danach, wo Materialien und Teile herstammen sowie Verarbeitungsschritte stattfinden. Das Abkommen macht hier genaue Vorgaben. Dabei, so schreibt der europäische Chemieverband Cefic, ermöglichen es die spezifischen Regeln für Chemikalien, den Handel mit ihnen zu weiten Teilen zollfrei zu halten.

Wettbewerb: Vereinbart ist, dass die Standards bei Technik, Arbeits-, Umwelt- und Verbraucherschutz auf beiden Seiten gleich hoch bleiben – und für Staatshilfen gleiche Regeln gelten. Bei Streitigkeiten können die Vertragspartner ein Schiedsgericht anrufen und, bringt das keine Lösung, die Zollfreiheit für Waren aussetzen.

Chemikalienrecht: Hier erwartet die Firmen eine doppelte Regulierung – und damit zusätzliche Kosten sowie Bürokratie, so Cefic. Denn Großbritannien hat ein eigenes Chemikaliengesetz verabschiedet. Chemieunternehmen müssen für alle Substanzen, die sie dort in Verkehr bringen, bei der zuständigen britischen Behörde HSE eine Registrierung beantragen, auch wenn die Stoffe in der EU bereits zugelassen sind. Es gelten pragmatische Übergangsfristen. Beim Chemiekonzern BASF betrifft das fast 1.300 Substanzen. Er rechnet mit Kosten von 75 Millionen Pfund. Eine Kooperation der HSE mit der EU-Chemikalienagentur ECHA hält der Branchenverband für wünschenswert.

Insgesamt stehen die Chancen gut, dass Großbritannien für Chemie- und Pharmaunternehmen wie BASF oder Boehringer Ingelheim als Markt und Produktionsstandort wichtig bleibt. Auch wenn es nun Grenzkontrollen und Dopplungen bei der Chemikalienregulierung gibt – das Abkommen schafft die Basis für eine Trendumkehr im bilateralen Handel. Von 2015 bis 2019 nämlich waren die Chemieexporte auf die Insel um 2 Milliarden auf knapp 10 Milliarden Euro zurückgegangen.

Wie die Pharmaindustrie die Einigung bewertet.

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