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So fasten unterschiedliche Religionen

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So fasten unterschiedliche Religionen

Noch bis Ostern läuft für praktizierende Christen die Fastenzeit. 40 Tage lang versuchen sie, auf Laster wie Alkohol, Fleisch, Zigaretten oder Süßigkeiten zu verzichten. Woher kommt der Brauch? Und welche Fastenzeiten gibt es in anderen Religionen?

 

Fasten in der katholischen und evangelischen Kirche

 

Vor allem katholische Christen üben sich in der Fastenzeit im Verzicht. Und zwar 40 Tage lang von Aschermittwoch bis Ostersonntag. Der Zeitraum erinnert an die Wochen, die Jesus fastend und betend in der Wüste verbracht haben soll. In der evangelischen Kirche war das Fasten lange eher unüblich, da sich Martin Luther gegen den Brauch ausgesprochen hatte. In den vergangenen Jahrzehnten ist aber auch unter Evangelischen das Fasten wieder verbreiteter geworden. Die evangelische Kirche hat ab dem 17. Februar zur Aktion „7 Wochen ohne“ aufgerufen. Dabei geht es vor allem darum, Gewohnheiten aufzubrechen und Raum für Veränderungen zu schaffen.

 

Fasten unter orthodoxen Christen

 

Auch in anderen christlichen Konfessionen ist das Fasten weit verbreitet. Orthodoxe Christen haben gleich vier Fastenzeiten: In der großen 40-tägigen Fastenzeit vor Ostern verzichten orthodoxe Christen (mit einzelnen tagesabhängigen Ausnahmen) auf Fleisch, Milchprodukte, Eier, Öl und Wein. In der etwas weniger strengen und unterschiedlich langen Apostel-Fastenzeit nach Pfingsten ist gelegentlich Fisch erlaubt, in der Marienfastenzeit Anfang August fasten sie zwei Wochen lang in Gedenken an Mariä Entschlafung. Und schließlich fasten sie in der Philippus-Fastenzeit vor Weihnachten, dem Gegenstück zur Adventszeit, 40 Tage lang, um den Körper zu reinigen.

 

Fasten im Islam

 

Das Fasten ist eine der fünf Säulen des Islam. Der Ramadan ist der Fastenmonat. Er fällt auf den neunten Monat des Mondkalenders und beginnt deshalb gemäß des in Deutschland gebräuchlichen gregorianischen Kalenders jedes Jahr zu einem etwas anderen Zeitpunkt. 2021 ist der 12. April der erste Tag des Ramadans. Im Ramadan wurde einst der Koran als Rechtleitung für die Menschen herabgesandt, weshalb der Monat als besonders heilig gilt. Alle Muslime, die volljährig und dazu geistig und körperlich in der Lage sind, sollen im Ramadan von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang keine Nahrung oder Getränke zu sich nehmen, nicht rauchen und auch nichts Schlechtes wie Lügen oder Beleidigungen sagen. Am Ende des Ramadans wird das Fasten beim Zuckerfest gebrochen.

 

Fasten im Judentum

 

Im Judentum gibt es einzelne Fastentage. Der bekannteste ist Jom Kippur, der wichtigste jüdische Feiertag. Nach jüdischem Kalender fällt er auf den zehnten Tag im Monat Tischri – im gregorianischen Kalender also auf unterschiedliche Tage im September oder Oktober. 2021 feiern Juden Jom Kippur am 12. und 13. September. Von Sonnenuntergang des Vorabends bis zum Sonnenuntergang am Fastentag dürfen jüdische Frauen und Männer nicht essen, trinken, rauchen oder sich waschen. Das öffentliche Leben in Israel steht so lang still. Der zweite lange Fastentag im Judentum ist Tischa beAv, wörtlich der „9. im (Monat) Aw“. Er fällt auf einen Tag im Juli oder August und erinnert an die Zerstörung des Jerusalemer Tempels. Zusätzlich gibt es noch einige kurze Fastentage, an denen Juden von Sonnenaufgang bis -untergang fasten.

 

Fasten im Jainismus

 

Der Jainimus ist eine vor allem in Indien verbreitete Religion mit rund vier Millionen Anhängern. Unter Jainas ist das Fasten weit verbreitet und sehr bedeutsam. Sie wollen so ihre Seele von Unreinheiten befreien. Außerdem folgen sie dem strengen Gebot der Nichtverletzung aller lebendigen Dinge, weshalb sie keine Tiere und nur das Nötigste an pflanzlicher Nahrung essen. Beim „Sallekhana“-Ritual treiben jedes Jahr mehrere Hundert Jainas das Fasten ins Extrem: Sie fasten sich zu Tode, indem sie nach und nach immer weniger Nahrung und Wasser zu sich nehmen. Zwischenzeitlich war das Ritual in Indien illegal, mittlerweile wurde das Verbot wieder aufgehoben.

 

Fasten im Buddhismus

 

Auch im Buddhismus gelten keine festen Fastenregeln. Viele Buddhisten fasten zum Vesakh-Fest, das auf einen Tag zwischen April und Juni fällt und an Geburt, Erleuchtung und Tod Buddhas erinnert. Einige Buddhisten feiern den Tag ruhig und zurückgezogen, andere mit bunten Umzügen. Auch in der Vorbereitung auf die Meditation bleiben Buddhisten oft enthaltsam. Generell wird aber auch zu Fastenzeiten nicht so streng verzichtet wie in anderen Religionen. Denn Buddhas Lehre vom „Weg der Mitte“ lehnt sowohl Völlerei als auch kompletten Verzicht ab.

 

Fasten im Hinduismus

 

Im Hinduismus gibt es keine festgeschriebenen Fastenzeiten oder -regeln. Trotzdem üben sich die Anhänger der Religion häufig im Verzicht. Einige Hindus fasten etwa zum Ehrentag Shivas oder zum Geburtstag Krishnas, zwei wichtigen Formen der Göttlichkeit im Hinduismus. Die asketischen Sadhus verzichten häufig ihr gesamtes Leben lang auf alles, was nicht überlebensnotwendig ist. Eine akzeptierte Extremform des Fastens im Hinduismus ist „Prayopavesa“, bei der bestimmte Menschen, etwa Todkranke, fasten dürfen, bis sie sterben.

 

Fasten als Alltagsreligion

 

Fasten kann natürlich auch nicht religiöse Gründe haben. Die gesundheitlich mal mehr, mal weniger sinnvollen Trends rund um Detox, Cleanse, Saftkur und Co. sind zwar keine religiösen Rituale, werden aber gerne kultartig vermarktet. In den meisten Fällen geht es aber schlicht darum, bewusster und gesünder zu leben. Und das scheint immer beliebter zu werden: 61 Prozent der Deutschen haben 2020 angegeben, schon einmal ein Genussmittel gefastet zu haben. 2012 waren es noch 51 Prozent. Dabei verzichten sie am häufigsten auf Süßigkeiten, Alkohol, Fleisch und Rauchen.

 

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