Viele Menschen leiden nach einer Coronavirus-Infektion noch Monate an Langzeitfolgen. Long Covid steht für mehr als 200 unterschiedliche Krankheitssymptome. Es sind körperliche und seelische Leiden wie chronische Müdigkeit, Kurzatmigkeit und depressive Verstimmungen. Und mindestens 10 Prozent aller Erkrankten haben mit den Spätfolgen zu kämpfen, wie aus einer neuen Studie in der Fachzeitschrift „Nature Reviews Microbiology“ hervorgeht. Weltweit seien bis zu 65 Millionen Menschen betroffen, in Deutschland wird von rund einer Million gesprochen. Das Wichtigste im Überblick.
Wie erkenne ich, ob ich betroffen bin?
Long Covid ist der Überbegriff für die Folgen nach einer Coronavirus-Erkrankung. Hat jemand in einem Zeitraum von vier bis zwölf Wochen nach der Ansteckung weiterhin Corona-Symptome, spricht die Forschung von Long Covid. Ab drei Monaten, so erklärt es die Weltgesundheitsorganisation (WHO), handelt es sich um das Post-Covid-Syndrom. Aber ob Long oder Post Covid genannt: Die Symptome treten in der Regel kombiniert auf. Die Spätfolgen sind zwar noch nicht abschließend erforscht. Besonders häufig melden Betroffene aber Atemnot, körperliche und geistige Müdigkeit – Mediziner sprechen vom Fatigue-Syndrom –, Kopf- und Muskelschmerzen sowie Schlaf- und Konzentrationsstörungen. Außerdem berichten viele Patienten von Geruchs- und Geschmacksverlust.
Wer erkrankt?
Einer von zehn Infizierten erkrankt an Long Covid – besagt die Statistik. Tatsächlich lässt sich das nicht pauschalisieren. Der überwiegende Anteil der Patienten ist zwischen 30 und 50 Jahren alt. Frauen sind häufiger als Männer betroffen, und Kinder stecken eine Erkrankung am besten weg, erläutert das Robert-Koch-Institut (RKI). Mitentscheidend sind darüber hinaus Vorerkrankungen sowie die Coronavariante, mit der man infiziert ist.
Welche Ursachen hat Long Covid?
Noch ist nicht klar, was zu Long Covid führt. Ursachenforschung wird zwar intensiv betrieben, es mangelt allerdings an belastbaren Daten. Die Deutsche Lungenstiftung etwa geht davon aus, dass es sich um eine Autoimmunreaktion handeln könnte. Antikörper richten sich hierbei nicht mehr gegen das Virus, sondern gegen die gesunden Körperzellen. Ein weiterer Erklärungsansatz lautet: Covid-19 schädigt womöglich längerfristig Adern, was die Sauerstoffversorgung im Körper beeinträchtigt und die häufig auftretenden Fatigue-Symptome erklären würde.
An wen wende ich mich, und gibt es Therapien?
Die erste Adresse ist der Hausarzt, der die Krankheitsbeschwerden erfasst und nach Möglichkeit behandelt. Schwer Erkrankte werden an Fachärzte oder eine Schwerpunktpraxis überwiesen. Aktuell gibt es jedoch weder gezielte Medikamente noch eine zentrale Therapie. Daher erfolgt die Behandlung derzeit symptomorientiert, und je nach Krankheitsbild sind spezialisierte Anlaufstellen wie Ambulanzen, Reha-Angebote, Sprechstunden oder Selbsthilfegruppen zuständig. Eine Übersicht zu passenden Versorgungsangeboten finden Hilfesuchende im Netz zum Beispiel unter longcovid-info.de, longcoviddeutschland.org oder rki.de.
Long Covid im Betrieb
Alltag und Berufsleben können bei Long Covid zur starken Belastung werden, betont die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen halten in schweren Fällen monatelang an. Für Job-Rückkehrer gilt: Abhängig von Arbeitsfeld und Erkrankung kann es hilfreich sein, Arbeitszeiten, Pausen oder die Aufgaben anzupassen. Auch eine stufenweise Wiedereingliederung ist möglich. Wichtig ist in jedem Fall die Rücksprache mit dem Arbeitgeber, insbesondere wenn bestimmte Tätigkeiten vorübergehend nicht sicher durchgeführt werden können.
Was Mediziner raten
Unter keinen Umständen darf die eigene körperliche Belastungsgrenze überschritten werden. Sonst droht eine Verschlechterung der Symptome, warnen Ärzte. Eine Coronainfektion sollte auch nicht bagatellisiert werden. Das heißt: Auskurieren statt verschleppen. Generell empfehlen sich bei Spätfolgen ein gesunder Lebensstil, keine Überlastung und vor allem viel Geduld. Und es gibt eine gute Nachricht: Die meisten Symptome sollen innerhalb eines Jahres verschwinden.