Politik & Wirtschaft

Das Rentensystem einfach erklärt:10 Fakten zur Rente

· Lesezeit 5 Minuten.
Das Rentensystem einfach erklärt:10 Fakten zur Rente
Reicht’s?: Dass die Rente sicher ist, gilt nach wie vor. Nur in welcher Höhe? Foto: iStock

Mehr als die Hälfte der deutschen Sparer legt privat Geld fürs Alter beiseite. Bei vielen ist die Sorge groß, dass sie von der gesetzlichen Rente alleine im Ruhestand nicht mehr leben können. Zu Recht? Die wichtigsten Fakten zum Rentensystem, seiner Entwicklung, seinen Problemen und Reformvorschlägen:

Das Rentensystem steht auf drei Beinen

Das deutsche Rentensystem basiert auf drei Säulen: der gesetzlichen Rentenversicherung sowie betrieblicher und privater Altersvorsorge. Die Hauptlast entfällt dabei auf die gesetzliche Vorsorge. Sie wird per Umlageverfahren finanziert, vereinfacht heißt das, dass aktuell Erwerbstätige mit ihren Beiträgen die Rente derzeitiger Ruheständler zahlen. Die betriebliche Vorsorge ist meist freiwillig, in Branchen wie der Chemie aber gibt es auch tarifvertragliche Regelungen, die jeder Tarifbeschäftigte nutzen kann. Dabei führen Unternehmen zum Beispiel einen Teil des Gehalts als Rentenbeitrag ab, woraus sich später eine zusätzliche Betriebsrente errechnet. Die private Altersvorsorge umfasst alle Anlageformen wie Aktienfonds oder Immobilien. Einige Modelle werden staatlich gefördert.

Der demografische Wandel wird das Rentensystem verändern

Die Menschen in Deutschland leben immer länger, die Geburtenrate sinkt. Wegen des Umlageprinzips heißt das: Weniger Arbeitende müssen für immer mehr Ruheständler aufkommen. Der Altenquotient verdeutlicht das: Er gibt an, wie viele Menschen, die älter als 65 sind, auf eine Person im erwerbstätigen Alter zwischen 20 und 65 kommen. Seit 1995 ist der Quotient von 0,25 auf 0,33 gestiegen, 2030 wird er bei 0,5 liegen – statt vier finanzieren dann also nur noch zwei Erwerbstätige einen Rentenbezieher. Das würde bedeuten: Entweder steigt die Belastung für die Beitragszahler oder die Renten sinken.

Renteneintrittsalter, Rentenbeitrag, Rentenniveau

Es gibt drei wichtige Stellschrauben im Rentensystem: Ab wann können Beschäftigte abschlagsfrei in Rente gehen? Wie viel Prozent des Bruttos haben sie zuvor in die Rentenkasse eingezahlt? Und wie viel Prozent des Durchschnittsbruttos erhalten sie dann als Rente? Zum letzten Punkt hat die Große Koalition sich recht weit vorgewagt: Laut Koalitionsvertrag soll das Rentenniveau bis 2025 stabil bei den aktuell 48 Prozent bleiben. Um das zu finanzieren, müsste aber wohl auch an den anderen Stellschrauben gedreht werden.

Veränderte Berufsbiografien verschärfen die Rentenproblematik

Früher war es nicht unüblich, dass ein Arbeitnehmer ab dem Berufseinstieg nach Schule, Ausbildung oder Studium bis zum Renteneintritt sein ganzes Arbeitsleben in einem Unternehmen verbrachte. Heutzutage ist das oft anders: Jobwechsel, Pausen für Weiterbildung oder Sabbaticals, Ausflüge in die Selbstständigkeit, Arbeitslosigkeit... Die Berufsbiografien sind wesentlich weniger geradlinig, sodass sich konstante Beitragszahlungen meist nicht durch die komplette Erwerbsdauer von insgesamt 45 Jahren ziehen.

Die deutsche Standardrente beträgt um 1.400 Euro pro Monat

Das Rentenniveau lag 2018 bei rund 48 Prozent. Das Rentenniveau gibt das Verhältnis zwischen der sogenannten Standardrente und dem Entgelt eines Durchschnittsverdieners an. Die Standardrente beträgt also knapp halb so viel wie das durchschnittliche Entgelt in Deutschland. Seit 1. Juli 2018 sind das brutto 1.441,35 Euro brutto in den westdeutschen Bundesländern und 1.381,05 Euro in den ostdeutschen Bundesländern. Diese Rechengröße wird zum 1. Juli jedes Jahres angepasst. Viele Rentner erreichen diesen Betrag jedoch nicht, da die Standardrente nur für jene Ruheständler gilt, die 45 Jahre lang ununterbrochen Rentenbeiträge gezahlt haben. Bei Menschen mit unsteten Berufsbiografien fällt die Rente in der Regel also niedriger aus, was auch die deutsche Durchschnittsrente senkt. 

 

Altersarmut nicht unterschätzen, aber auch nicht überbewerten

Die Angst vor Altersarmut ist bei vielen Menschen groß. Ob es tatsächlich breitflächig dazu kommt, ist unter Wirtschaftsforschern umstritten. Betrachtet man Gradmesser wie Armutsrisiko (verfügbares Einkommen beträgt weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens) oder den Anteil der Grundsicherungsbezieher im Rentenalter, zeigen die Prognosen nach oben: Forschern von DIW und ZEW zufolge wird die Armutsrisikoquote von heute etwa 16 bis Ende der 2030er Jahre auf 20 Prozent steigen, die Grundsicherungsquote von 5,5 auf 7 Prozent. Die Wirtschaftsforscher des IW wiederum weisen darauf hin, dass solche Statistiken nur die Einkommen aus staatlichen Systemen betrachten und keine Vermögen, die Rentner womöglich angespart oder geerbt haben.

Möglichkeiten zur privaten und betrieblichen Altersvorsorge nutzen

Um nicht nur von der gesetzlichen Rente abhängig zu sein, sollte man im Erwerbsalter privat und über den Arbeitgeber vorsorgen. Das bekannteste Beispiel privater Vorsorge ist die Riester-Rente, bei der der Staat Produkte wie Rentenversicherungen oder Fondssparpläne fördert. Die Erfolge der Riester-Rente sind allerdings umstritten. Vorsorgen ohne staatliche Förderung geht auch übers klassische Sparen, den Aktien- oder Immobilienkauf. Und gerade in der Chemie kann die betriebliche Altersvorsorge ein gutes Rentenpolster bilden.

Länger arbeiten, mehr einzahlen

Durch die höhere erwartete Lebensdauer müsste auch die Erwerbsdauer steigen. Nur so könnten die immer mehr Rentenbezieher im immer längeren Ruhestand von den immer weniger Erwerbstätigen finanziert werden. Ein höheres Renteneintrittsalter, beispielsweise 70, ist zwar kein Allheilmittel, würde aber das System entlasten. Der Rentenquotient würde beispielsweise bei einer Erwerbsdauer von 20–67 statt 20–65 Jahren bis 2060 nur auf 0,57 statt auf 0,65 steigen. In einigen europäischen Ländern ist eine automatische Anpassung vorgesehen, die das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung koppelt. Zusätzlich werden sich auch die Beiträge für Erwerbstätige erhöhen müssen, um das System weiter zu finanzieren. Die Wirtschaftsforscher von Prognos sagen für das Jahr 2040 eine Erhöhung des Beitragssatzes von momentan 18,6 Prozent auf zwischen 23 und 24 Prozent voraus, abhängig vom dann gültigen Renteneintrittsalter.

Zuwanderung von Fachkräften könnte zu mehr Beitragszahlern führen

Die Geburtenrate in Deutschland sinkt, es streben also immer weniger junge Menschen auf den Arbeitsmarkt. Zuwanderer aus dem Ausland könnte den Druck auf die Beitragszahler mindern, sofern sie gut in den Arbeitsmarkt integriert werden. Führende Wirtschaftsforschungsinstitute sagen, dass sich der Beitragssatz zur Rentenversicherung nur unter 20 Prozent halten lasse, wenn das Renteneintrittsalter auf 70 erhöht wird – oder jedes Jahr mehr als 500.000 junge Erwerbstätige nach Deutschland kommen. 

Verschiedene Reformvorschläge für das Rentensystem

Die Rentenreform ist Dauerthema in der Politik. Eine Idee ist, die Rente stärker über Steuern statt über Beiträge zu finanzieren. Hessens schwarz-grüne Landesregierung wiederum hat eine „Deutschland-Rente“ vorgeschlagen. Dabei führen Arbeitgeber zusätzlich Geld vom Bruttolohn an einen staatlichen Rentenfonds ab. Ein weiterer Vorschlag: Derzeit zahlen nur rund 70 Prozent aller Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Würden auch Selbstständige und Beamte in eine Art Bürgerrente einbezogen, gäbe es mehr Beitragszahler – allerdings auch für mehr Rentenbezieher.

  • Like
  • PDF

Das könnte Sie auch interessieren

Newsletter