Cartoon: Ein Mann und eine Frau balancieren über ein Seil

Unsere Arbeitsplätze

Work-Life-Balance in der chemischen Industrie

Welche Instrumente in der Chemiebranche Beruf und Familie in Einklang bringen.

· Lesezeit 5 Minuten.

Die Einstellung zu Arbeit und Leben hat sich im Laufe der Jahre sehr geändert: Gerade jüngere Mitarbeiter stellen sich zum Beispiel die Frage, wie sie Kinderbetreuung und Berufsleben vereinbaren können. Bei älteren Mitarbeitern rückt dagegen die Pflege von Angehörigen in den Fokus. Beschäftigte in der Chemie haben hier einen großen Vorteil: Dem wachsenden Bedürfnis nach zeitlicher und räumlicher Flexibilität kommen die Arbeitgeber mit Instrumenten entgegen wie flexibler Arbeit, Teilzeit oder mobilem Arbeiten. In Rheinland-Pfalz gibt es besonders attraktive Angebote.

Mehr freie Zeit: Das „Zukunftskonto“ der Tarifsozialpartner ermöglicht mehr Urlaubstage. Grafik: Golden Sikora –stock.adobe.com

Mehr freie Zeit: Das „Zukunftskonto“ der Tarifsozialpartner ermöglicht mehr Urlaubstage. Grafik: Golden Sikora –stock.adobe.com

Mehr freie Zeit

Jeder Mitarbeiter der chemischen Industrie hat Anspruch auf 30 Tage Urlaub pro Jahr sowie Sonderurlaub für Schichtarbeiter. Zudem haben die Chemie-Sozialpartner bereits im vorherigen Tarifvertrag 2019 mit dem sogenannten „Zukunftskonto“ ein neues Instrument geschaffen: Die auf das Konto einbezahlten Gelder können – je nach Betriebsvereinbarung – als Freistellungstage genommen werden. Bei Renolit etwa kann die Belegschaft wählen, ob sie pro Jahr lieber drei Tage mehr Urlaub, eine bessere Altersvorsorge oder mehr Geld haben möchte. Diese Regelung wurde auch in den Tarifvertrag 2022 übernommen. „Das wird sehr gut angenommen“, weiß Renolit-Betriebsrat Balzhäuser. Zudem bietet das Unternehmen an, Guthaben auf einem sogenannten „Langzeitkonto“ für eine berufliche Auszeit zu nutzen (Sabbatical). Balzhäuser: „Mitarbeiter können Urlaubstage, Gelder oder Überstunden auf das Langzeitkonto einzahlen. Man könnte davon früher in Rente gehen – oder eben eine Auszeit nehmen.“

Zeitlich flexibel arbeiten

Die Chemiebranche zeigt sich bei der Arbeitszeit besonders flexibel, das kommt gut an. So nutzen zum Beispiel rund 10 Prozent der Belegschaft von Renolit in Worms Teilzeitmodelle – auch in der Produktion. Und Rhodius in Burgbrohl schreibt selbst anspruchsvolle Positionen in Teilzeit aus. Der Chemiespezialist Budenheim bei Mainz ermöglicht flexible Arbeitszeiten durch Gleitzeit: Aktuell gibt es keine Kernarbeitszeit, damit sich Eltern mit den Kindern im Homeschooling koordinieren können. „Ich schätze das Gleitzeitmodell und die Möglichkeit des mobilen Arbeitens sehr“, sagt auch Nina Schunck, Referentin in der Personalentwicklung  bei Profine in Pirmasens. „So habe ich deutlich mehr Flexibilität bei privaten Terminen.

Hilfe bei persönlichen Problemen

Diskrete, kompetente Hilfe bei der Bewältigung persönlicher Probleme von der Sucht bis hin zu finanziellen Schwierigkeiten bieten nahezu alle Unternehmen an. So heißt es zum Beispiel bei Boehringer Ingelheim: „Für uns ist es selbstverständlich, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Familienangelegenheiten durch vielfältige Maßnahmen direkt unter die Arme zu greifen. Nicht zuletzt, weil Familienfreundlichkeit ein wesentlicher Aspekt unserer Unternehmenskultur ist.“

Mobil arbeiten

Die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, ist durch die Pandemie stark vorangetrieben worden: „Wenn Corona überhaupt etwas Gutes gebracht hat, dann, dass wir die mobile Arbeitszeitregelung schnell abschließen konnten“, bestätigt Dennis Balzhäuser (37), Betriebsrat bei Renolit. „Wir bieten es jedem Mitarbeiter an, sofern es die Tätigkeit zulässt.“ Das Unternehmen hat bereits eine großzügige Betriebsvereinbarung getroffen, die das mobile Arbeiten künftig regelt. Auch Profine hat das mobile Arbeiten nach der Pandemie auf freiwilliger Basis rund zweimal die Woche im Angestelltenbereich aufrechterhalten. „Ich bin dankbar, dass ich die Möglichkeit habe, im Homeoffice zu arbeiten und meine Tochter zu betreuen“, berichtet Sabine Hehn, Personalentwicklung Budenheim Deutschland. „Kein einziges Mal hatte ich das Gefühl, dass mein Chef etwas dagegen hat. Er hat selber kleine Kinder und versteht meine Situation. Das nimmt mir einiges an Druck.“

Kinder gut betreuen

Rutschen, klettern, spielen: Große und kleinere Unternehmen wie das Biopharma-Unternehmen AbbVie in Ludwigshafen oder LTS in Andernach betreiben mit eigenen Kindergärten eine familiengerechte Unternehmenspolitik. Die BASF in Ludwigshafen unterhält mit LuKids sogar die deutschlandweit größte betriebseigene Kindertagesstätte: Hier ist Platz für gut 270 Kinder im Alter von sechs Monaten bis zu drei Jahren. Integriert ist eine Kindernotfallbetreuung – sie hilft Mitarbeitern, wenn deren Kinderbetreuung kurzfristig ausfällt. Das Unternehmen unterstützt zudem rund um das Thema Schwangerschaft, Elternzeit und Wiedereinstieg. Auch die Freudenberg-Gruppe, die auch einen Standort in Kaiserslautern hat, betreibt seit 2014 eine betriebsnahe Kita. Das Konzept ist auf berufstätige Eltern zugeschnitten: Nur 15 Schließtage im Jahr und Betreuungszeiten von sieben, neun oder zehn Stunden werden hier angeboten. Andere Chemieunternehmen schließen Kooperationen mit Kindergärten der Stadt ab. Bei Budenheim können die Mitarbeiter ihre Kinder mit zur Arbeit bringen. Einige Firmen haben ein Eltern-Kind- Büro am Standort. Gut kommen auch Angebote zur Ferienbetreuung oder Familientage an wie zum Beispiel bei den Gebrüdern Rhodius.

Unterstützung bei der Pflege

Unfall, Behinderung, Erkrankung, Alter – Pflegebedürftigkeit hat viele Facetten. Um den sich verändernden Alltag bewältigen zu können, bieten viele Betriebe wie AbbVie in Ludwigshafen eine Pflegeberatung an, halten Informationsveranstaltungen ab und ermöglichen Erfahrungsaustausch. Es gibt eine bezahlte Auszeit zur Organisation von Pflege und einen Rechtsanspruch auf Pflegezeit. Renolit bietet seinen Mitarbeitern über die gesetzlichen Möglichkeiten hinaus zeitliche und finanzielle Entlastung im Pflegefall an: „Möglich macht das unser Pflegefonds“, berichtet Johanna Schlörit (30), die für den Arbeitgeberauftritt bei Renolit verantwortlich ist. Auch bei der BASF wird das sogenannte Familienpflegezeitgesetz noch durch eine betriebliche Vereinbarung verbessert: Sie ermöglicht es Mitarbeitern, den gesetzlichen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit von zwei Jahren auf bis zu sechs Jahre zu verlängern.

Unterstützung bei der Pflege: Betriebe bieten Beratung und finanzielle Hilfen an. Grafik: Aurielaki – stock.adobe.com

Unterstützung bei der Pflege: Betriebe bieten Beratung und finanzielle Hilfen an. Grafik: Aurielaki – stock.adobe.com

Besondere Leckerbissen

In manchen Unternehmen wie zum Beispiel Boehringer Ingelheim oder Budenheim kann man Essen für die Familie aus dem Mitarbeiterrestaurant mitnehmen – alles ist frisch gekocht und verpackt. Für die nachhaltige Mitnahme von Speisen nutzt Boehringer das wiederverwendbare und pfandbasierte Mehrwegsystem „Vytal". Manchmal hilft auch ein Reinigungsservice im Betrieb bei der Bewältigung privater Wäscheberge.

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