Politik & Wirtschaft

Plastik und Plastik-Alternativen: die Fakten

· Lesezeit 5 Minuten.
Plastikbesteck und Plastikgeschirr
Plastikbesteck und -geschirr: Wo ergibt es Sinn, auf Plastik zu verzichten – und wo ist der Kunststoff die beste Lösung? Foto: sherlesi - stock.adobe.com

Kunststoffe haben einen schlechten Ruf als Umweltverschmutzer und Klimaschädlinge. Allerdings bleiben Kunststoffe in einigen Bereichen die effizienteste und auch nachhaltigste Lösung. In welchen Bereichen das Vermeiden von Plastik Pflicht ist, wo es Sinn ergibt – und wo vermeintlich grünere Alternativen gar keine sind: die Fakten.

Diese Plastikprodukte sind verboten

Die Zahl der Vorschriften mit dem Ziel der Plastikvermeidung ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. 2016 haben viele Supermärkte in Deutschland eine Gebühr für Plastiktüten eingeführt, ab 2020 könnte der Verkauf bestimmter Tüten an der Kasse hierzulande ganz verboten werden. In Frankreich ist das schon üblich. Ab 2021 schränkt die EU außerdem den Verkauf von Einweg-Plastikbesteck und -strohhalmen ein.

Plastik in der Industrie

Im Verarbeitenden Gewerbe sind Kunststoffe kaum ersetzbar. Sie können in allen Formen und Farben produziert und verarbeitet werden und eignen sich dadurch für eine Vielzahl an Anwendungen. Sie sind stabil und gleichzeitig leicht, was sie Metallen gegenüber oft überlegen macht. Außerdem isolieren sie gut gegen Wärme und Elektrizität, sind wasserbeständig – und relativ günstig in der Herstellung. Diese Eigenschaften sind etwa beim Autobau ein Faktor: Statt schwerer Komponenten aus Metall kommt Plastik zum Einsatz, wodurch beim Fahren weniger Energie benötigt wird – ein Plus für die Umweltbilanz.

Verpackungen vermeiden Verschwendung

Nirgends ist Plastik im Alltag so präsent wie bei Verpackungen. Hauptgrund ist, dass die Plastikverpackung die Haltbarkeit von Lebensmitteln stark erhöht. Produzenten und Verbraucher können Lebensmittel also länger aufbewahren und müssen weniger wegschmeißen. Sogar eines der beliebtesten Beispiele der Verpackungsgegner – die Folie um die Salatgurke – hat ihren Grund: Durch die Verpackung ist die Gurke doppelt so lange haltbar. Ohne Plastikhüllen würden viele Lebensmittel auch gar nicht erst bei uns ankommen, da sie beim Transport schlecht würden.

Rund ein Drittel des Plastiks wird recycelt

Nur 30 Prozent des im Müll gelandeten Plastiks in EU-Staaten wurden 2015 recycelt. 39 Prozent werden verbrannt, und 31 Prozent landen auf der Mülldeponie. In Deutschland gingen laut Bundesregierung rund 38 Prozent der Kunststoffabfälle in die Wiederverwertung. Kritiker gehen von einer niedrigeren Quote aus, da in dieser Statistik nur der Input in das Recyclingsystem erfasst werde und Verluste entlang des Prozesses ignoriert würden. In der Chemieindustrie haben viele Unternehmen eigene Recyclinginitiativen gestartet.

Mikroplastik aus Funktionskleidung

Viele Kleidungsstücke, vor allem für den Sport und Outdoor-Aktivitäten, bestehen aus Synthetikmaterialien. Beim Waschen gelangen diese ins Abwasser und in die Umwelt: Rund 35 Prozent des im Meer ankommenden Mikroplastiks stammen von gewaschenen Textilien. Die Suche nach sinnvollen Alternativen ist kompliziert. Denn in der ökologischen Gesamtbetrachtung haben auch Naturfasern wie Wolle oder Baumwolle Nachteile, da ihre Produktion viel Land, Wasser und andere Ressourcen verschlingt.

Gepflegt und sauber ohne Plastik

Auch viele Flüssigseifen, Duschgels oder Peelings enthalten Mikroplastik oder lösliche Polymere etwa als Bindemittel. Beim Ausspülen der Produkte landen diese über das Abwasser in der Umwelt, da sie in Kläranlagen nur schwer herausgefiltert werden können. Plastikvermeider sollten auf die Inhaltsstoffe achten und zu Naturkosmetika greifen. Umweltfreundliche Alternativen sind feste statt flüssiger Seife, Shampoo und Duschgel in Seifenform und natürliche Peelingprodukte, etwa aus Zucker und Öl.

Mehrweg statt Einweg bei Flaschen

Bei Flaschen gilt eine einfache Regel: besser Mehrweg als Einweg, unabhängig vom Material. Mehrwegflaschen werden nach der Benutzung ausgespült und wiederverwendet, was wertvolle Ressourcen spart. Je öfter sich der Kreislauf wiederholt, desto besser für Umwelt und Klima. Eine Mehrwegplastikflasche ist also besser als eine Einwegglasflasche. In die Klimagesamtbilanz von Mehrwegflaschen spielt auch ihr Transport hinein: Dafür fällt bei schwereren Glasflaschen mehr Energie an als bei Plastikflaschen.

Alternativen zum Strohhalm

Unternehmen haben Strohhalme aus Glas, Bambus, Papier und Metall entwickelt oder auch aus essbaren Apfelfasern. Nicht alle sind automatisch klimafreundlicher als die ab 2021 EU-weit verbotenen Plastikhalme: Ähnlich wie bei Flaschen haben jene die bessere Bilanz, die mehrfach verwendbar sind – also etwa aus Glas oder Metall. Papierstrohhalme sind eine schlechte Lösung, da sie relativ energieaufwendig produziert werden und nach einer Nutzung im Müll landen.

Tüten: Plastik oder Papier?

Viele vermeintliche Alternativen sind nicht unbedingt besser als Plastiktüten: So machen Papiertüten zwar weniger Müll, weil sie biologisch abbaubar sind. Dafür benötigen sie in der Herstellung deutlich mehr Ressourcen. Viele Ressourcen verbraucht auch die Produktion von Stofftragetaschen – diese können aber immerhin mehrfach genutzt werden. Und auch Tüten aus selbst ernannten Biokunststoffen sind umstritten, da sie für den Kompost tatsächlich nur selten geeignet sind: Häufig werden sie wie gewöhnliche Tüten aus dem Bioabfall aussortiert und verbrannt.

LesenSie hier weitere interessante Fakten zu aktuellen Debatten.

  • Like
  • PDF

Das könnte Sie auch interessieren

Katherina Reiche, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie.

Energiewende ja, aber anders
Wirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche will den Ausbau erneuerbarer Energien und die Kosteneffizienz neu ausbalancieren. Betreiber von Ökostrom-Anlagen sollen sich Ihrer Meinung nach künftig an der Finanzierung des Netzausbaus beteiligen.
Wie die Frankfurter Neue Presse meldete, möchte Reiche Ende des Sommers einen „Realitätscheck“ zur Energiewende vorlegen. „Wir brauchen zwingend mehr Steuerbarkeit, um die Volatilität der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien ausgleichen zu können“, sagte sie demnach. „Auch Speicher spielen zum Ausgleich eine Rolle. Sie sind Teil der Lösung, aber reichen allein nicht aus. Wir werden uns die Ergebnisse genau anschauen, und dann werden wir die notwendigen Schlüsse daraus ziehen.“ 
Der Ausbau der Stromnetze geschieht zu langsam
Reiches Vorgänger Robert Habeck (Grüne) hatte mit verschiedenen Maßnahmen den Ausbau des Ökostroms vor allem aus Wind und Sonne vorangetrieben. Die erneuerbaren Energien sollen eine Schlüsselrolle spielen, damit Klimaziele erreicht werden. Der Ausbau der Stromnetze hält aber nicht Schritt. Wegen fehlender Netze müssen erneuerbare Anlagen immer wieder gedrosselt werden. Ausgleichsmaßnahmen gegen Netzengpässe kosten Geld. Um den vor allem im Norden produzierten Windstrom in den Süden zu leiten, sind zusätzliche Stromleitungen erforderlich. Ein Großteil ist aber noch nicht fertig.
Mehr Kosteneffizienz als Ziel
Mit Blick auf geplante Entlastungen der Stromkunden bei den Netzentgelten, mit denen unter anderem der Netzausbau finanziert wird, sagte die Ministerin: Momentan würden Kosten vom Stromkunden in die öffentlichen Haushalte und damit auf den Steuerzahler verschoben. „Wir lösen damit nicht das grundlegende Problem. Die Entlastungen bei der Stromsteuer, die Abschaffung der Gasspeicherumlage, die teilweise Übernahme der Netzkosten und die Übernahme der schon länger in den Haushalt verlagerten EEG-Kosten machen zusammen rund 30 Milliarden Euro aus.“ Die Energiewende müsse kosteneffizienter werden. „Und das geht auch.“
Zweifel am prognostizierten Stromverbrauch
Eine wesentliche Kenngröße sei der prognostizierte Stromverbrauch, sagte Reiche. „Die letzte Regierung hat angenommen, dass der Stromverbrauch schon 2030 auf bis zu 750 Terawattstunden steigt, bis 2035 gibt es Prognosen von 1.000 Terawattstunden.“ Das wäre eine Steigerung von fast 50 Prozent innerhalb weniger Jahre. „Seriöse Studien zweifeln, ob diese Steigerungen der Realität standhalten. Wir werden eine deutliche Zunahme der Elektrifizierung sehen, insbesondere im Bereich der Wärmepumpen, der Elektromobilität, der Digitalisierung. Ob in den von der Ampel angenommenen Größenordnungen, darf bezweifelt werden.“
Ökostrom-Betreiber sollen sich an Kosten für Netzausbau beteiligen
Betreiber von Anlagen erneuerbarer Energien müssten mehr Systemverantwortung übernehmen, meint Reiche. Sie sollten sich an der Finanzierung des Netzausbaus beteiligen. „Systemverantwortung heißt, dass die Kosten für den Netzausbau nicht mehr nur über die Netzbetreiber und die allgemeinen Netzentgelte von den Stromkunden zu bezahlen sind“, sagte Reiche. Die Kosten für den Netzausbau liegen bisher voll beim Netzbetreiber und werden über die Netzentgelte von den Stromkunden bezahlt.

Wechseln zur Seite International Articles Wechseln zur Seite Newsletter