Arbeiten in der Chemie

Fachkräftemangel: Chemie sucht dringend Wartungs- und Technikprofis

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Eine junge Ingenieurin und ein älterer Kollege bei der Prüfung von Industrieanlagen.
Gut ist, wenn Jüngere nachrücken: Gerade im Bereich Technik und Instandhaltung der deutschen Chemieindustrie ist der Fachkräftebedarf deutlich größer als das Angebot. Foto: Montri/stock.adobe.com

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Viele Ältere gehen in den Ruhestand, zu wenige Junge rücken nach: Das sorgt dafür, dass der Fachkräftemangel branchenübergreifend wohl ein Dauerproblem wird.
  • Wie der aktuelle „Fachkräftecheck Chemie“ aufzeigt, ist in den Chemie- und Pharma-relevanten Berufen die Fachkräftelücke in Technik, Instandhaltung, Produktion und IT besonders groß.
  • Das Autorenteam empfiehlt unter anderem, junge Leute gezielter anzuwerben und zu unterstützen, Frauen für Tech-Berufe zu gewinnen und internationale Fachkräfte einfacher zuwandern zu lassen.

Fachkräftemangel vor allem in Technik, Instandhaltung und Teilen der Produktion

Im Jahresdurchschnitt 2024 konnten rechnerisch insgesamt mehr als 71.000 offene Stellen in für die chemisch-pharmazeutische Industrie relevanten Berufen nicht mit passenden Arbeitslosen besetzt werden. Besonders auffällig war dies in den folgenden Berufsfeldern:

  • Technik und Instandhaltung: Hier fehlten zuletzt rund 46.500 Fachkräfte. Das bedeutet, dass rund jede zweite offene Stelle (53,3 Prozent) rechnerisch nicht besetzt werden konnte.
  • Produktionsberufe: Hier ließen sich mehr als vier von zehn offenen Stellen (43,6 Prozent) rechnerisch nicht besetzen.
  • IT und Softwareentwicklung: Hier gab es rechnerisch für rund jede dritte Stelle (34,2 Prozent) keine qualifizierte Arbeitskraft.

Deutlich besser ist die Lage in der Verwaltung und in der Logistik. Im Berufsfeld Forschung und Labor gab es keine Fachkräfteengpässe. Dort konnten rechnerisch alle offenen Stellen besetzt werden. Diese Angaben gehen aus einer neuen Studie „Fachkräftecheck Chemie“ des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie (BAVC) und des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA) hervor.

Der Bedarf bleibt hoch

Im Vergleich zu 2022 ist zwar in fünf von sechs Berufsfeldern die Zahl offener Stellen gesunken. Doch die hohe Zahl Älterer, die den Arbeitsmarkt jetzt schon oder sehr bald verlassen, schafft großen Ersatzbedarf. In den für Chemie und Pharma relevanten Berufen geht in den nächsten zehn Jahren rund jeder vierte Beschäftigte in den Ruhestand. Das sind insgesamt mehr als 1,5 Millionen Arbeitskräfte. 

Junge Leute, Frauen und internationale Fachkräfte sind willkommen

In den Chemie- und Pharma-relevanten Berufen blieben jetzt branchenübergreifend viele Ausbildungsplätze unbesetzt. Zugleich  geht die Zahl neuer Ausbildungsverträge in den meisten Berufsfeldern der chemisch-pharmazeutischen Industrie zurück.

Offene Ausbildungsplätze gibt es vor allem in  Technik, Instandhaltung, Logistik und Produktion. Mit Abstand am meisten offene Ausbildungsplätze gab es im Bereich der Logistik. Die Top-5-Berufe mit der größten Azubi-Lücke sind:

  1. Lagerwirtschaft: Hier gab es jüngst 2661 unbesetzte Ausbildungsstellen
  2. Maschinenbau- und Betriebstechnik: 869 unbesetzte Ausbildungsstellen
  3. Spanende Metallbearbeitung: 842 unbesetzte Ausbildungsstellen
  4. Mechatronik: 688 unbesetzte Ausbildungsstellen
  5. Kunststoff- und Kautschukherstellung: 459 unbesetzte Ausbildungsstellen

Was den Frauenanteil betrifft, gibt es in solchen Berufen noch viel Luft nach oben. In den MINT-Jobs (Mathe, IT, Naturwissenschaften, Technik) beträgt der Frauenanteil nur rund 16 Prozent.

In der Chemie- und Pharmabranche arbeiten Frauen überwiegend in Forschung, Labor und Verwaltung. Am geringsten ist der Frauenanteil in Technik und Instandhaltung: 6,7 Prozent.

Erhebliches Potenzial sehen die Autoren der Studie auch in internationalen Fachkräften. 2024 machten diese nur rund 10 Prozent aller qualifizierten Beschäftigten in für chemisch-pharmazeutische Industrie relevanten Berufen aus. Das ist weniger als im bundesweiten Durchschnitt.

Nicht nur die Chemie- und Pharmabranche hat ein Nachwuchsproblem

Wie das Ifo-Institut meldet, ist der Fachkräftemangel ein branchenübergreifendes Problem. „Der Fachkräftemangel hat leicht zugenommen – und das trotz einer anhaltend schwachen Konjunktur“, sagt ifo-Forscher Klaus Wohlrabe. „Langfristig wird sich das Problem weiter verschärfen – der demografische Wandel lässt daran keinen Zweifel.“

Der jüngsten ifo-Konjunkturumfrage zufolge geben rund 73 Prozent der Unternehmen in der Rechts- und Steuerberatung sowie der Wirtschaftsprüfung an, Schwierigkeiten bei der Fachkräftesuche zu haben. Dies gilt für rund 51 Prozent der Logistikunternehmen und für rund 28 Prozent der Unternehmen im Bauhauptgewerbe.

Was jetzt zu tun wäre

Die Autoren des  „Fachkräftechecks Chemie“ schlagen vor:

  • die Zusammenarbeit mit Schulen zu verbessern
  • junge Leute besser zu unterstützen
  • Eltern, vor allem Müttern, bessere Angebote zur Vereinbarkeit von Job und Familie zu machen
  • Quereinstiege zu erleichtern
  • Weiterbildung zu stärken, unter anderem durch E-Learning-Optionen
  • den Zuzug internationaler Fachkräfte einfacher und schneller zu machen und
  • eine Willkommenskultur zu leben.

 

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